Parallelwelten – eine Gefahr für die Demokratie?

Colloquium Fundamentale im Wintersemester 2017/18

Die Vortragsreihe Colloquium Fundamentale identifiziert unter dem Titel „Parallelwelten – eine Gefahr für die Demokratie?“ kollektive Strukturen, die neben dem gesellschaftlichen Mainstream existieren. In der Gesellschaft etablieren sich Gemeinschaften, die nach eigenen Gesetzen und Regeln funktionieren und die Mehrheitsgesellschaft sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können. Stellen Parallelwelten eine Bedrohung für die freiheitlich demokratische Grundordnung dar? Können sie auch als Chance für ein Umdenken und eine sinnvolle Ergänzung für unser Miteinander sein? Fragen wie diese werden im aktuellen Colloquium Fundamentale aufgeworfen und sollen interdisziplinär und kontrovers diskutiert werden. Dazu zählen die Auswirkungen von Internet und Digitalisierung auf Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft, aber auch die Zunahme politischer Extreme infolge von Unverständnis und Unzufriedenheit über politische Entscheidungen. Zudem wird die Diplomatie als demokratieimmanente Parallelwelt angesprochen, da ihr Erfolg auch auf Intransparenz und Geheimhaltung basiert und damit der Öffentlichkeit kaum zugänglich ist. In nicht demokratisch regierten Ländern dient das „Darknet“ als wichtigster Kanal für unabhängige Journalisten und politisch Verfolgte, um frei und anonym zu kommunizieren. Hierzulande richtet es besonders als Plattform für Pädophile, illegalen Drogen- und Waffenhandel und Radikalisierung wirtschaftlichen und sozialen Schaden an. Mit der Rolle des Internets als Instrument für politische Teilhabe und Meinungsbildung und der Frage, wie politische Bildung funktionieren soll, wenn Nachrichten, Fake-News und Hasskommentare nebeneinanderstehen, endet die Vorlesungsreihe.

Fragen wie diese werden im Colloquium Fundamentale kontrovers und interdisziplinär diskutiert.

Alle Videomitschnitte der Vorträge auf YouTube

 

Konzept und wissenschaftliche Leitung:

Prof. Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, Direktorin des ZAK

Organisatorin:

Jennifer Hettesheimer M.A.

Das Colloquium Fundamentale wird durch die KIT-FÖRDERGESELLSCHAFT e.V gefördert.

 

 Programmhinweise ergänzend zur Reihe

19.10.2017 – 18:00 Uhr, Filmtheater Schauburg

WATCHING.YOU. im Rahmen der Traumfabrik: Filmevent – Diskussion - Networking
Citizenfour (Laura Poitras) mit anschließender Podiumsdiskussion (Eintritt)

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27.02.2018 – 18:00 Uhr, Filmtheater Schauburg

WHO WATCHES THE WATCHMEN im Rahmen der Traumfabrik: Film mit Einführung und Buffet-Networking
The Circle (James Ponsoldt) mit anschließendem Podiums-Expertengespräch (Eintritt)

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Veranstaltungsübersicht

Eröffnungsvortrag: Verteidigung von Grundwerten und Grundrechten in der digitalen Welt

26.10.2017 – 18:00 Uhr, Redtenbacher-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 10.91, Engelbert-Arnold-Str. 4, EG

Peter Schaar
Foto: Tanja Fügener

Peter Schaar

Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID), Berlin; ehem. Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit

Weder die Arbeitswelt noch unser Privatleben sind heute ohne digitale Technologien vorstellbar. Vernetzte Sensoren erfassen Bewegungen, Umweltbedingungen und Verhaltensweisen, Big Data-Algorithmen verknüpfen die aus unterschiedlichen Quellen stammenden Daten und bewerten die Ergebnisse. Die Auswertung von Massendaten verspricht bahnbrechende neue Erkenntnisse in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen. Zugleich ermöglicht sie umfassende Überwachungsmaßnahmen, datengetriebene Geschäftsmodelle und automatisierte Entscheidungen. In dem Vortrag steht die Frage im Mittelpunkt, wie unsere Gesellschaft ihre Grundwerte und Grundrechte angesichts der umfassenden Digitalisierung bewahren kann.

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Zunehmender Antisemitismus und Islamophobie

09.11.2017 – 18:00 Uhr, Redtenbacher-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 10.91, Engelbert-Arnold-Str. 4, EG 

Prof. Dr. a.D. Hajo Funke

Prof. Dr. a. D. Hajo Funke

ehem. Professor für Politische Wissenschaft am Otto-Suhr-Institut, FU Berlin

Leider musste der Vortrag von Herrn Prof. Dr. a. D. Hajo Funke aus gesundheitlichen Gründen abgesagt werden.

 

Aus der Nische in die Mitte? Die Radikalisierung deutscher Parallelwelten

07.12.2017 – 18:00 Uhr, Redtenbacher-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 10.91, Engelbert-Arnold-Str. 4, EG

Dr. Matthias Quent

Dr. Matthias Quent

Direktor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft – Thüringer Dokumentations- und Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit

Im Zuge multipler Krisendebatten in den letzten 10 Jahren verändert sich die politische Landschaft in Deutschland von Grund auf – dafür ist das Erstarken rechtsradikaler Bewegungen und Parteien der deutlichste Indikator. Auch sogenannte Bürgerwehren, die Neue Rechte, Prepper und Reichsbürger sind vergleichsweise neue kollektive Akteure, die in den vergangenen Monaten Schlagzeilen machten. Der Vortrag gibt einen Überblick, wie derartige Erscheinungen einzuordnen und zu verstehen sind und wie die Gesellschaft damit umgehen kann.

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Whistleblowing vs. Diplomatie? Zwischen Recht auf Information und Notwendigkeit der Geheimhaltung

14.12.2017 – 18:00 Uhr, Redtenbacher-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 10.91, Engelbert-Arnold-Str. 4, EG

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Annegret Falter

Annegret Falter

Vorsitzende des Whistleblower Netzwerks, freie Journalistin und Referentin, Berlin

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Annegret Falter

Dr. Ekkehard Griep

stellv. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN), Berlin

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Geheimdiplomatie gilt seit Jahrhunderten als Herzstück außenpolitischer Konfliktbearbeitung. Diplomaten genießen weltweit hohes Ansehen und rechtliche Immunität.

Whistleblower hingegen, die „dem Volk“ durch die Veröffentlichung von geheimen Dokumenten Einsicht hinter die hermetischen Kulissen der Außenpolitik verschaffen, riskieren hohe Strafen. Zurecht?

Die Forderung „Diplomatie zuerst!“ soll die Eskalation von Konflikten maßgeblich verhindern. Kann aber in der zwischenstaatlichen Diplomatie Vertrauen entstehen, wenn Bloßstellung und Gesichtsverlust drohen? Sollte es nicht die Pflicht jeder Regierung sein, Vertraulichkeit um jeden Preis zu gewährleisten? Gefährdet der Bruch von Vertraulichkeit auch in multinationalen Verhandlungen den Erfolg?

Andererseits: Kann etwa ein Parlament seine Kontrollfunktion wahrnehmen, z.B. bei der Mitentscheidung über Kriegseinsätze, ohne über alle wesentlichen Fakten informiert zu sein? Können die zuständigen Ausschussvertreter, kann „der Souverän“ davon ausgehen, dass er/sie nicht belogen wird? Dass kein Völkerrecht gebrochen wird? Was lehrt uns der Vietnamkrieg? Und wie war das noch mal mit den Massenvernichtungswaffen im Irak? Fragen wie diese werden im Mittelpunkt der beiden Vorträge stehen und sollen im Anschluss kontrovers diskutiert werden.

 

„Darknet“: Zwischen Cybercrime und Ort der Meinungsfreiheit

18.01.2018 – 18:00 Uhr, Redtenbacher-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 10.91, Engelbert-Arnold-Str. 4, EG

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Moritz Bartl

Moritz Bartl

Vorstand der Stiftung Erneuerbare Freiheit

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Welchen positiven Nutzen hat „das Darknet“? Was ist das Darknet eigentlich überhaupt? Wieso ist freier Zugang zu Informationen wichtig für einen offenen gesellschaftlichen Diskurs, und wie verträgt sich das mit Sicherheit und Gesetzeslage? Auf diese Fragen geht Moritz Bartl aus Sicht der Zivilgesellschaft und auf Basis seiner Erfahrungen mit investigativen Journalisten und politischen Aktivisten ein.

Cai Rüffer

Cai Rüffer

Staatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main - Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität

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Cai Rüffer konnte leider aufgrund des Orkans „Friederike“ nicht anreisen. 


Der Vortrag wird die zunächst in die Begrifflichkeit „Darknet“ einführen und das dahinterstehende Phänomen kurz in technischer Hinsicht beleuchten. Sodann werden die dort anzutreffenden Kriminalitätsfelder behandelt und einführend erläutert, welche Straftaten mit Hilfe des Darknet überwiegend begangen werden. Dabei sollen auch die Zahlungs- und Lieferwege (insbesondere Bitcoin) eine Rolle spielen. Sodann wird erläutert, wie sich die Strafverfolgungsbehörden dem Phänomen annehmen und welche Rolle dies im Gesamtzusammenhang spielt. Zum Schluss wird ein Ausblick auf die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten und Grenzen der Darknetermittlungen geworfen werden.

 

Das Internet und politische Meinungsbildung: Filterblasen anstatt Meinungsvielfalt?

01.02.2018 – 18:00 Uhr, Redtenbacher-Hörsaal, KIT Campus Süd, Geb. 10.91, Engelbert-Arnold-Str. 4, EG

Prof. Dr. Wolfgang Schweiger

Prof. Dr. Wolfgang Schweiger

Leiter des Fachgebiets für Kommunikationswissenschaft, insb. interaktive Medien- und Onlinekommunikation, Universität Hohenheim

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Der Nachrichten- und Informationskosmos im Internet befindet sich im Umbruch – mit beunruhigenden Folgen für die Demokratie. Lange waren journalistische Medien, alternative Angebote und die öffentliche Kommunikation unter Bürgern getrennt. In Facebook, YouTube, Google und Co. vermischen sie sich. Nachrichten, Fake News, Verschwörungstheorien und Hasskommentare stehen direkt nebeneinander. Das überfordert die Medienkompetenz vieler Bürger. Obwohl sie das Nachrichtengeschehen kaum überblicken, fühlen sie sich gut informiert. Gleichzeitig bleiben die Meinungslager unter sich (Filterblase) und schaukeln sich gegenseitig auf (Echokammer). Das trägt zur verzerrten Wahrnehmung der öffentlichen Meinung durch den Einzelnen bei, verändert die Meinungsbildung und verschärft die Polarisierung der Gesellschaft.

 

 

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