Karlsruher Gespräche 2017

Bekämpfung von Extremismen: Die Rolle der Frauen nach dem Arabischen Frühling

 

Hajer Sharief

Referentin

 
Hajer Sharief studierte Rechtswissenschaften an der Universität von Tripolis und der Universität von Misrata in Libyen. Während des Bürgerkriegs in Libyen im Jahr 2011 war sie im Alter von 19 Jahren eine der Gründerinnen von Maan Nabniha (‚Gemeinsam bauen wir es auf‘), einer Organisation, die den demokratischen Prozess in Libyen unterstützt, indem sie die Bedeutung von Frauen und Jugendlichen bei der Friedensbildung und der Entradikalisierung der Gesellschaft betont.

2013 gründete sie die Libyan Women Database, ein professionelles Netzwerk von libyschen Frauen mit mehr als 1000 Mitgliedern innerhalb und außerhalb Libyens, und wurde dessen Vorsitzende. Sie ist zudem Gründerin und Fürsprecherin des 1325 Network in Libya, das sich für die Einhaltung der Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates zu Frauen, Frieden und Sicherheit einsetzt. Das Netzwerk bietet politische Empfehlungen und strategische Beratung und liefert Handlungsanweisungen für nationale libysche Behörden, z. B. bei den von den Vereinten Nationen geleiteten Friedensgesprächen in Libyen.

Im August 2016 ernannte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sie zur Beraterin für eine UN-Beratergruppe, die mit Mandat des Sicherheitsrats eine globale Studie über Jugend, Frieden und Sicherheit erstellt. Hier setzt sie sich für die Rolle junger Leute bei der Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus und bei der Entradikalisierung der Gesellschaft ein.

Sharief ist Beauftragte der Kofi Annan Foundation für die Initiative ‚Countering Violent Extremism‘. Vor Kurzem wurde sie mit dem Student Peace Prize 2017 ausgezeichnet.

 

Statements

1.Welche „Feinde“ stellen Ihrer Ansicht nach die größte Gefahr für die pluralistische Gesellschaft dar?

Menschen in Führungsrollen, die den Hass zum Normalzustand erklären; Worte und Gedanken richten mehr Schaden an als Kugeln und Bomben, weil sie sich auf unterschiedliche Weise auf die Mentalität der Menschen auswirken – vor allem in pluralistischen Gesellschaften, in denen Unterschiede zwischen den Menschen sichtbarer sind. Wenn Führungspersönlichkeiten die Eigenschaften der Menschen kriminalisieren anstatt das, was sie tun, dann kriminalisieren sie alle Mitglieder einer Gesellschaft, die diese Eigenschaften aufweisen, was letztlich zur Spaltung zwischen den Menschen innerhalb jener Gesellschaft führt.

 

2. Wie kann Ihrer Meinung nach das Vertrauen in Eliten und die Medien wieder gestärkt werden, nachdem sich seit Längerem ein Vertrauensschwund beobachten lässt?

Ich finde, es ist an der Zeit, eine ernsthafte Debatte darüber zu führen, welche Rolle die Medien dabei spielen, wie man mit bestimmten Themen umgeht. Ich bin nicht für eine staatliche Regulierung und Überwachung der Medien, aber ich glaube, die einzelnen Staaten, die Zivilgesellschaft und die Medien sollten an einem Strang ziehen, wenn es um die Behandlung von Fragen wie beispielsweise Extremismus und Terrorismus geht.

Ich finde es schwierig, das Wort ‚Elite‘ zu verwenden. Welche Qualifikationen sollte eine Person denn haben, damit sie zur Elite gehört? Wer entscheidet darüber, welche Qualifikationen das sind? Innerhalb jeder Gruppe gibt es Menschen, die sich mit bestimmten Aspekten des Lebens besser auskennen als andere. Ich bin ganz generell der Ansicht, wir sollten aufhören, danach zu schauen, worin sich die Mitglieder einer Gesellschaft unterscheiden; erst dann werden die Leute an jene Gruppe von Menschen glauben, die sie anführt.