Karlsruher Gespräche 2018

Chinas Social Credit System

 

Dr. Samantha Hoffman

Referentin

Dr. Samantha Hoffman hat an der Florida State University, der University of Oxford und der University of Nottingham International Affairs, East Asian Languages and Cultures sowie Modern and Contemporary Chinese Studies studiert. In Nottingham wurde sie in Contemporary Chinese Studies promoviert. Seit 2012 ist sie wissenschaftliche Referentin am International Institute for Strategic Studies (IISS), wo sie an den Forschungsprogrammen Future Conflicts and Cyber Security und Defence and Military Analysis mitarbeitet; Hoffman ist Mitautorin des IISS Cyber Report. Daneben ist sie als unabhängige China-Analystin und -Beraterin tätig, wobei sie sich auf die Politik und die innere Sicherheit Chinas spezialisiert sowie auf geopolitische Probleme und Sicherheitsfragen des asiatisch-pazifischen Raums. Artikel von ihr sind u. a. in den Zeitschriften Forbes, Foreign Policy und China Brief sowie in den Zeitungen South China Morning Post und The National Interest erschienen. Außerdem wurde sie u. a. im Wall Street Journal, der Financial Times und in WIRED zitiert und ist in mehreren Fernsehsendungen interviewt worden, z. B. in Inside Story auf Al Jazeera. Momentan ist sie als Forschungsstipendiatin am Mercator Institute for China Studies (MERICS) in Berlin tätig.

 

Statements

1. Was ist für Sie eine ,intelligente‘ Stadt?

Objektiv gesehen steht der Begriff ‚intelligente Stadt‘ oder ‚Smart City‘ für das Design eines Systems, das moderne Informations- und Kommunikationstechnologie integriert, um dadurch die Erfüllung von Governance-Aufgaben zu verbessern. Es handelt sich dabei um einen ganzheitlichen Ansatz zur Lösung von Problemen; in ihrer idealen Form würde die intelligente Stadt die Ressourcen des Staates auf eine Art und Weise optimieren, wie es bisher – ohne die entsprechende Technologie – nicht möglich war.

 

2. Welches sind Ihrer Meinung nach die drängendsten Probleme, die auf dem Weg zu einer intelligenten Stadt gelöst werden müssen?

In der Volksrepublik China beinhalten die zu optimierenden Governance-Aufgaben das Ziel der kommunistischen Parteiführung, die Partei und die Gesellschaft so zu leiten, dass sie selbst an der Macht bleibt. Dieser Umstand fügt dem ganzen Konzept eine politische und sicherheitsrelevante Ebene hinzu, durch die es sich grundlegend von dem Konzept unterscheidet, wie man es im Allgemeinen in westlichen Demokratien versteht.

Wenn man sich in internationalen Forenüber diese Konzepte Gedanken macht und darüber diskutiert, sollte man stets daran denken, dass man nicht notwendigerweise die gleiche Sprache spricht, nur weil man die gleichen Wörter verwendet. Es besteht eine klare Verbindung zwischen der Ausdrucksweise der Partei und dem Ziel, intelligente Städte zu bauen, um vertikale und horizontale Koordinierungs- und Integrationsressourcen für die Prognose von und den Umgang mit Krisen (von Umweltkatastrophen bis hin zu politischen Ereignissen) zu verbessern; dabei werden kooptative und Zwangstaktiken miteinander kombiniert, um Probleme zu lösen, noch bevor sie entstehen.

 

3. Welches sind Ihrer Meinung nach die herausragendsten Chancen, die durch den Wandel hin zu Smart Cities entstehen?

In der Volksrepublik China gelten intelligente Städte als Mittel zum Zweck, um die Ressourcen zur Verbesserung der Regierungsführung zu optimieren (inklusive positiver und negativer politischer und sozialer Kontrolle) und um auf Krisen jeglicher Art vorbereitet zu sein. Man plant die Einrichtung von Smart-City-Kommandozentralen, die Daten und Befehle integrieren, um auf umfassende Weise Krisenereignisse zu prognostizieren und zu bewältigen. Von der Warte der Kommunistischen Partei aus gesehen, könnte die moderne Technologie („idealerweise“, so die Sicht der Partei) zur Integration überregionaler und bereichsübergreifender Gruppierungen beitragen, damit die Partei besser in der Lage ist, auf Notfälle zu reagieren und die Folgen zu kontrollieren.