Geteilte Geschichten: Europa in einer (post)kolonialen Welt

In der Reihe Internationales Forum begrüßten wir am 7. Mai 2007 um 19.30 Uhr im Vortragssaal der Badischen Landesbibliothek die Ethnologin Prof. Dr. Shalini Randeria.

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Prof. Dr. Shalini Randeria

                     
„In Europa bleibt das Reden über die eigene Gesellschaft nach wie vor einem konzeptionellen Nationalismus verhaftet, der häufig nur durch die Konstruktion einer gemeinsamen positiven europäischen Vergangenheit oder durch den Kontrast zu den USA relativiert wird. Die vielfachen Verflechtungen und Austauschprozesse zwischen europäischen und außereuropäischen Gesellschaften in Geschichte und Gegenwart werden dagegen ausgeblendet.“

So lautet das Urteil von Shalini Randeria, 1955 in Indien geboren, die derzeit Professorin am Ethnologischen Seminar der Universität Zürich ist. Randeria hat in Indien und England Soziologie studiert und kam als Doktorandin der Ethnologie nach Deutschland. Seitdem lebt und arbeitet sie in Europa. Die renommierte Wissenschaftlerin berücksichtigt bei ihren Studien die jeweilige nationale Perspektive und entwickelt so einen sozialanthropologischen Ansatz zur Globalisierung. 

In ihrem Vortrag lädt Randeria dazu ein, die europäische Geschichte im Kontext des Kolonialismus und Imperialismus neu zu denken, und öffnet den Blick auf transnationale und postkoloniale Perspektiven. „Diese Verflechtungsgeschichte“, so Randeria, „ist ‚eine geteilte Geschichte‘ in beiden Deutungen des Wortes. Sie erlaubt es, die Entstehung einer globalen Moderne als gemeinsame Geschichte von Interaktion und Interdependenz zu verstehen, macht aber auch auf die dadurch hervorgebrachten Abgrenzungen aufmerksam. Sie legt eine relationale Perspektive nahe, um die grenzübergreifende Zirkulation von Gütern und Ideen – sei es durch gezwungene Übernahme oder freiwillige Assimilation, durch gewaltsame Zerstörung oder wechselseitige Umstrukturierung – zu verstehen. Denn diese Prozesse, die bis heute nachwirken, waren und sind für die Identitätsbildung in Europa und außerhalb prägend“.


Mit ihrem Vortrag im Internationalen Forum am ZAK eröffnet Randeria die Kulturwoche zum Internationalen Kongress WERT URTEILE – JUDGING VALUES. Der von der Stadt Karlsruhe zusammen mit der Kulturstiftung des Bundes organisierte Kongress im Rahmen der EUROPAWOCHE 2007 widmet sich den vielfältigen Fragen an Europa als Werte- und Rechtsgemeinschaft.