Unsplash

Zukunft der Arbeit

Die vielschichtigen Aspekte des Themas „Zukunft der Arbeit“ werden in Vorträgen und Podiumsdiskussionen des Colloquium Fundamentale im Wintersemester 2005/06 aus den Blickwinkeln der Wissenschaft, Politik und Praxis interdisziplinär beleuchtet. Das Colloquium Fundamentale unter der Leitung von PD Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha ist eine der zentralen Vortragsreihen der Universität Karlsruhe (TH).

Achtung Änderung: ab WS 2005/06 findet das Colloquium Fundamentale immer im Engesser-Hörsaal (Otto-Ammann-Platz 1, Geb. 10.81) statt.Desweiteren findet das Abschlusspodium des Colloquium Fundamentale am 26.01.2006 nicht wie geplant im Engesser-Hörsaal, sondern im NTI-Hörsaal statt.

Das Thema

Arbeit ist für die meisten mehr als Broterwerb: Arbeit ist identitäts- und sinnstiftend, sie verschafft Befriedigung und ist in unserer Gesellschaft der Ausweis eines erfüllten, nutzvollen Lebens. Aber in der Arbeitswelt zeichnet sich ein tief greifender Wandel ab. Berufstätige müssen flexibler und schneller sein, die Arbeitsbelastung für den Einzelnen steigt. Gleichzeitig schnellen die Arbeitslosenzahlen in die Höhe. Doch wie viele Arbeitslose hält eine Gesellschaft aus? Ist die Erwerbsarbeit der einzige Weg zu einem erfüllten Leben? Und wie könnte sie aussehen, die Zukunft der Arbeit?

Der radikale Wandel des Faktors ›Arbeit‹ ist für den Einzelnen genauso spürbar wie für die gesamte Gesellschaft. Das Konzept von Arbeit als räumlich und zeitlich festgelegter Tätigkeit mit einem tariflich fixierten Gehalt ist auf dem Rückzug.
Die Grenzen zwischen Wohn- und Arbeitsort, zwischen Freizeit und Arbeitszeit verschwimmen. Lebenslange Beschäftigungsverhältnisse werden in Zukunft nur noch für eine Minderheit gelten. Die Stichwörter heißen Globalisierung, Mobilität, Flexibilität, Weiterbildung und lebenslanges Lernen. Doch diese Trends bergen hohes Konfliktpotential. Denn mit den Wandlungen der Arbeit ist nicht zwangsläufig eine Verbesserung der Lebensqualität verbunden, zahlreiche Menschen werden überfordert von den an sie herangetragenen Anforderungen, die geistige Beweglichkeit voraussetzen und für die immer häufiger eine gute Qualifikation unabdingbar ist.
Hohe Arbeitslosigkeit, weitere Rationalisierung, die Verlagerung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer – am deutschen Arbeitsmarkt ist keine Besserung in Sicht. Dennoch gibt es durchaus offene Stellen, die allerdings mangels geeigneter Bewerber und auch aus anderen Gründen nicht besetzt werden können: Wer Arbeit will, muss vermehrt die gängigen Wege verlassen. Zunehmend werden Menschen in Bereichen tätig sein, die in ihrem persönlichen Lebenskonzept nicht vorgesehen waren, dass sie sich – Stichwort Ich-AG – selbständig machen mit Geschäftsideen, die in keinem Unternehmen derzeit unterzubringen sind. Häufig genug ist dies aber auch die einzige Möglichkeit, der Arbeitslosigkeit zu entkommen.
Darüber hinaus gibt es eine wachsende Zahl von Menschen, die mehrfach beschäftigt sind, weil viele Tätigkeiten so schlecht bezahlt sind, dass eine Arbeit alleine nicht ausrechen würde, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Auch kurzfristige Arbeitsverhältnisse nehmen in Deutschland immer mehr zu. Viele Menschen haben oft nur noch Arbeitsverträge, die zwischen wenigen Wochen und sechs Monaten liegen, sagt das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Vor allem junge Menschen sind von solchen befristeten Verträgen ganz besonders häufig betroffen. Problematisch ist an dieser Situation nicht nur, dass eine längerfristige Lebensplanung unter diesen Umständen nicht möglich ist. Auch die Erwartungshaltung insbesondere gut ausgebildeter Menschen auf eine anspruchsvolle, gut dotierte Tätigkeit, die interessant und ausfüllend ist, stellt ein Problem dar.

Trotz hoher Arbeitslosenzahlen weist die demographische Entwicklung allerdings in eine andere Richtung: Angesichts einer Geburtenrate, die derzeit bei etwa 1,2 Kindern liegt, wird es in der Zukunft einen Mangel an Arbeitskräften gerade in Deutschland geben, der mittelfristig nur durch die gezielte Anwerbung qualifizierter ausländischer Arbeitnehmer wird behoben werden können.

In Zeiten knapper werdender Arbeit haben es offenbar junge, gut ausgebildete Frauen besonders schwer: Eine mögliche Schwangerschaft wird vielfach als Risikopotential gewertet. Die Beschränkung auf Haushalt und Familie kommt aber für immer mehr Frauen immer weniger in Frage, sind sie doch heute so gut ausgebildet, wie noch nie.
Die Zeit, in der Frauen für Kinder verantwortlich sind, nimmt in Relation zur Lebensdauer ständig ab: Zum einen bekommen die Frauen immer weniger Kinder, zum anderen steigt die Lebenserwartung. Ein befristeter Ausstieg in dieser Lebensphase bedeutet allzu häufig das vermutliche Aus im Beruf. Abgesehen davon, dass dies volkswirtschaftlich gesehen widersinnig ist, sind berufsorientierte Frauen heute anders sozialisiert.
Je länger Frauen pausieren, desto schwieriger und aufwändiger gestalten sich in der Regel der Wiedereinstieg und die Bemühungen um das ursprüngliche Qualifikationsniveau. Im Hinblick auf den Arbeitskräftemangel, der für die Zukunft prognostiziert wird, kann es also nur sinnvoll sein, auch dieses Potenzial vermehrt auszuschöpfen. 
Ein weiterer Themenbereich, der im Rahmen des Colloquium Fundamentale zur Sprache kommen soll, ist die Frage, welche Veränderungen sich durch die Dienstleistungsfreiheit und die EU-Osterweiterungen in Hinblick auf Arbeit, Arbeitsverteilung und Mobilität, aber auch in Hinblick auf das Gefälle der Arbeitskosten in den einzelnen Ländern der EU ergeben. Insgesamt stellt sich daher die Frage, wie neue Arbeitsplätze in Deutschland angesichts hoher Lohnnebenkosten, die zu den Arbeitskosten hinzugerechnet werden müssen, in den nächsten Jahren entstehen können. Welche Anreize müssen geschaffen werden, um den Standort Deutschland attraktiver zu machen, welche Kompetenzen kann Deutschland exportieren?   

Konzept und wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, Gründungsdirektorin des ZAK

Veranstaltungsübersicht

 
3. November 2005, 18 Uhr: Schwarz und Rot - aber bitte mit Gold: Die Zukunft der Arbeit und des Arbeitslohns

Professor Dr. Wolfgang Eichhorn

eichhornWie kann unser Arbeitsmarkt, in dem der Lohn sich nicht marktwirtschaftlich bildet, seine soziale Erstarrung überwinden? Prof. Dr. Wolfgang Eichhorn, Institutsleiter des Instituts für Wirtschaftstheorie und Operations Research und ehemaliger Prorektor für Studium und Lehre der Universität Karlsruhe (TH), diskutiert diese und weitere Themen und bezieht sich dabei auf die neu gebildete Bundesregierung. Gold soll heißen: Die kommende schwarzrote Regierung vollzieht einen Kraftakt, den Weg aus der sozialen und wirtschaftlichen Misere Deutschlands zu bereiten. Dr. Eichhorns Forschungsgebiete erstrecken sich von der Wirtschaftstheorie (z.B. Preis-, Wettbewerbs-, und Verteilungstheorie) über Ökonometrie und Statistik bis hin zur Versicherungswirtschaft.
Im Wirtschaftsteil der BNN erschien ein Artikel über den Vortrag. Sie können ihn hier als PDF-Dokument herunterladen.

Videoaufzeichnung der Veranstaltung.

 

24. November 2005, 18 Uhr: Unternehmensgründungen und Arbeitskultur in Deutschland

Regina Seidel

SeidelIn der Arbeitswelt zeichnet sich ein tief greifender Wandel ab. Berufstätige müssen flexibler und schneller sein, die Arbeitsbelastung für den Einzelnen steigt. Gleichzeitig schnellen die Arbeitslosenzahlen in die Höhe. Ist die Selbständigkeit immer eine gangbare Alternative? Wie könnte sie aussehen, die Zukunft der Arbeit im Spannungsfeld zwischen Ich-AG und Work-Live-Balance?
Regina Seidel ist Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen (VdU).
Erklärtes Ziel des Verbandes deutscher Unternehmerinnen ist, mit wenigen Worten zusammengefasst, "die Förderung von Akzeptanz und Gleichberechtigung der unternehmerisch tätigen Frauen in Deutschland." Der VdU verstand sich von je her als Diskussionsforum zur Meinungsbildung und -äußerung zu allen Fragen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und ermöglicht aufgrund seiner Mitgliederstruktur einen vielfältigen spartenübergreifenden Erfahrungsaustausch. Die Angebote an die Mitglieder sind breit gefächert, die Ziele des Verbandes klar definiert. Spitzenreiter in der Hitliste der Beweggründe, die gerade junge Unternehmerinnen in die Reihen des bodenständigen VdU führt, ist der Erfahrungsaustausch mit den erfahrenen "Kolleginnen". (Quelle: https://www.vdu.de)

In ihrem Vortrag am 24.11.2005 sprach Regina Seidel aus ihrer Perspektive als Präsidentin des Verbands, aber auch als Geschäftsführende Gesellschafterin der Flemming & Pehrsson GmbH über die Arbeitskultur in Deutschland.

Videoaufzeichnung der Veranstaltung.

 

8. Dezember 2005, 19 Uhr: Zukunft der Arbeit - Herausforderungen für die Politik

Andreas Renner

Andreas RennerWelche Auswirkungen auf die Lebensbedingungen jedes einzelnen hat die Reformpolitik im Renten- und Sozialwesen und in der Krankenversicherung? Wie wird Bildung in der heutigen Zeit gesehen? Und wie geht die Politik mit dem Begriff Demographie um? In seinem Vortrag "Politik für die Zukunft der Arbeit" beleuchtet Andreas Renner verschiedene Aspekte der Reformpläne am Arbeitsmarkt und geht dabei auch zusammenhängend auf das Thema Familie und Beruf – Work Life Balance – ein. Eine wichtige Frage hierbei ist, wie man Privatleben und beruflichen Erfolg vereinbaren kann.
Andreas Renner ist Minister für Arbeit und Soziales des Landes Baden-Württemberg.

Videoaufzeichnung der Veranstaltung.

 

15. Dezember 2005, 18 Uhr: Demographie und Arbeitsmarkt

Dr. Ulrich Walwei

Demographie ist ein Begriff, der in Zukunft immer mehr von Bedeutung sein wird. In Verbindung mit einer abnehmenden Zahl jüngerer Arbeitskräfte und einem Stillstand in der Bildungsentwicklung kann es schon bald zu einem Mangel an qualifizierten Fachkräften kommen. Dies gewinnt umso mehr an Bedeutung, da die Wirtschaft bislang junge Arbeitnehmer bevorzugt. Allerdings  stellen zumindest bis 2020 ältere Arbeitnehmer die größte Ressource, aus der ein qualifiziertes Erwerbspersonenpotenzial zu gewinnen ist.
Dr. Ulrich Walwei beleuchtet in seinem Vortrag die Arbeitsmarktsituation in Ost- und Westdeutschland aus demographischer Sicht und geht dabei auf die aktuelle Problematik ein.
Dr. Ulrich Walwei ist Vizedirektor des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.
 Kurzfassung des Vortrages (Word-Dokument)
 Kurzfassung des Vortrages (PowerPoint-Präsentation)
Videoaufzeichnung der Veranstaltung.

 

12. Januar 2006, 18 Uhr: Schlüsselqualifikationen für die Arbeit der Zukunft?

Dr. Hartwig Rüll, Siemens AG München

Schlüsselqualifikationen spielen heute eine große Rolle bei Bewerbungen und Arbeitsprofilen. Jeder sollte bestimmte Fähigkeiten haben, um in der Arbeitswelt bestehen zu können. Immer wichtiger werden fundierte Kenntnisse in verschiedenen fachübergreifenden und fachfremden Bereichen.
In seinem Vortrag setzt sich Dr. Hartwig Rüll mit dem Thema Schlüsselqualifikationen auseinander und erläutert dabei die Notwendigkeit dieser „Soft Skills“. Der Fokus liegt hierbei auf der Zukunft der Arbeit und lotet die Notwendigkeit von Schlüsselqualifikationen im Hinblick auf Globalisierung und Mobilität aus. 
Dr. Hartwig Rüll arbeitet bei der Siemens AG München.
Fotos vom Vortrag
Videoaufzeichnung der Veranstaltung.

 

26. Januar 2006, 18 Uhr: Abschlusspodium "Zukunft der Arbeit"

Diskussion mit:

Professor Dr. Ulrich Blum, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle
Dr. Klaus Neb, Vorstand der Michelin Reifenwerke KgaA Karlsruhe
Professor Dr. Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank
Prof. Götz Werner, Leiter des Interfakultativen Instituts für Entrepreneurship der Universität Karlsruhe (TH) und geschäftsführender Gesellschafter dm drogerie-markt
Moderation: PD Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, Direktorin des ZAK

Fotos vom Vortrag
Videoaufzeichnung der Veranstaltung.