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Die (zu) offene Gesellschaft? Der liberale Staat zwischen Sicherheit und Freiheit

Colloquium Fundamentale Wintersemester 2002/2003

Es gilt nicht nur für die Politik, sondern für die Gesellschaft allgemein, dass der Herausforderung zwischen dem Sicherheitsbedürfnis und der Wahrung demokratischer Freiheitsrechte entsprochen werden muss. Von dieser Entwicklung werden auch die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte des Bürgers berührt und drohen eingeschränkt zu werden. Die Veranstaltungsreihe behandelt ausgehend vom historischen Hintergrund und der verfassungsrechtlichen Seite unter anderem die unterschiedlichen Aspekte dieser Herausforderung im Hinblick auf ihre rechtliche und politische Steuerung und in Hinsicht auf die technische Machbarkeit.

Mehr Sicherheiten in einer unsicheren Welt

Die Hoffnungen auf mehr Sicherheit in einer unsicheren Welt liegen nicht erst seit den Anschlägen am 11. September 2001 auf den Möglichkeiten neuer Kontrolltechnologien und den Innovationen der Informationstechnik: Biometrische Fingerabdrücke, flächendeckende Videoüberwachung und Lauschangriffe sind nur einige der Versuche, durch Kontroll-maßnahmen auf die unklare Bedrohungslage zu reagieren. Gleichzeitig soll dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung getragen werden, hochsensible Bereiche vor möglichen Terrorangriffen geschützt und außerdem kriminelle Taten im Vorfeld vereitelt werden. Es gilt also nicht nur für die Politik, sondern für die Gesellschaft allgemein, dass der Herausforderung zwischen dem Sicherheitsbedürfnis und der Wahrung demokratischer Freiheitsrechte entsprochen werden muss. Von dieser Entwicklung werden aber auch die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte des Bürgers berührt und drohen eingeschränkt zu werden. Daher sollen im Rahmen der Vorträge auch die Erwartungen des Einzelnen an den Staat beleuchtet werden.

Die Veranstaltungsreihe behandelt ausgehend vom historischen Hintergrund und der verfassungsrechtlichen Seite unter anderem die unterschiedlichen Aspekte dieser Herausforderung im Hinblick auf ihre rechtliche und politische Steuerung und in Hinsicht auf die technische Machbarkeit. Hier spielen die ostdeutschen Erfahrungen mit dem Überwachungsstaat genauso eine Rolle, wie die Reaktion des westdeutschen Staates auf den Terrorismus in den 1970er Jahren und auf die Atomstaatsdebatte. Auch der Große Lauschangriff, der in den späten 1990er Jahren die Antwort Gesamtdeutschlands auf die organisierte Kriminalität darstellen sollte, muss in diesem Zusammenhang gesehen werden. Die offene Gesellschaft steht durch die noch immer aktuelle Bedrohung durch die organisierte Kriminalität wie durch die jüngsten Erfahrungen mit dem Terrorismus vor grundsätzlichen Herausforderungen. Die Verfassung als eine der tragenden Säulen der Demokratie ist eine wichtige Grundlage zu ihrer Bewahrung und ihrer Veränderung. Denn nicht nur die reale Gefahr, sondern auch die Angst vor Gewalt prägt die Diskussion um die Maßnahmen der Gefahrenabwendung. Daher sollen nicht nur rechtliche, sondern auch politische, ethische und psychologische Gesichtspunkte gleichermaßen angesprochen werden.

Ergänzend zu den Vorträgen, in denen sich Fachleute mit den angesprochenen Teilaspekten auseinandersetzen werden, wird in diesem Semester eine Podiums-diskussion den Abschluss der Veranstaltungsreihe bilden, in der die Thematik kontrovers diskutiert werden soll.

Konzept und wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, Gründungsdirektorin des ZAK

 

Veranstaltungsübersicht

 

24. Oktober 2002
Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem (Bundesverfassungsgericht Karlsruhe)

"Freiheit und Sicherheit im Angesicht terroristischer Anschläge"
7. November 2002

Prof. Dr. med. Klaus Peter Schaal (Universität Bonn)
Elisabeth Hauschild (Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr)


Streitgespräche:"Bioterrorismus - eine unterschätzte Gefahr?" Teil 1 & 2

21. November 2002

Prof. Dr. Thomas Beth (Institut für Algorithmen und Kognitive Systeme, Universität Karlsruhe)


"(Un-)Sicherheit in der modernen vernetzten Welt
"

5. Dezember 2002

Prof. Dr. Franz Nuscheler (Direktor des Instituts für Entwicklung und Frieden, Universität Duisburg)


"Terrorismus und Menschenrechte"

9. Januar 2003

Prof. Dr. Lars Clausen (Leiter der Katastrophenforschungsstelle der  Universität Kiel)


"Drohende Gefahren zwischen Krieg und Frieden"

23. Januar 2003

Heinz Fromm (Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Köln)
Dr. Joachim Jacob (Bundesbeauftragter für Datenschutz, Bonn)

 

Streitgespräch: "Big Brother in Deutschland. Datenschutz versus Verfassungsschutz"

6. Februar 2003

Generalbundesanwalt Kay Nehm (Bundesgerichtshof Karlsruhe)
Prof. Barbara John (Ausländerbeauftragte des Senats von Berlin)
Helmut Stachelscheid (Direktor beim Bundesamt für Verfassungsschutz, Köln)
Prof. Dr. Udo Steinbach (Direktor des Orient-Instituts, Hamburg)

Leitung: Dr. Caroline Robertson


Abschlusspodium: "Die (zu) offene Gesellschaft?"


18.00h, NTI-Hörsaal Nachrichtentechnik, Geb. 30.10, Engesser Str. 5