Legenden und Visionen in der deutschen Literatur des Mittelalters

Inhalt

In der christlichen Gesellschaft des Mittelalters sind Heilige allgegenwärtig. Man ruft sie in der Not, pilgert zu ihren Gräbern, handelt mit ihren Reliquien, ihre Gedenktage strukturieren das Kirchenjahr – und man schreibt, liest und predigt ihre Geschichten als Vorbild in allen Lebenslagen. Die Vorlesung führt in die Bedeutung und die literarischen Erscheinungsformen mittelalterlicher Heiligenlegenden ein und beschäftigt sich auch mit Visionsliteratur als Untergattung der Legendarik. Am Anfang steht ein Überblick zur Entstehung von zunächst lateinischen und schließlich auch volkssprachlichen Heiligenlegenden. Sie lassen eine klare Typologie von Heiligen samt einer narrativen Logik der Konstruktion von Heiligkeit erkennen. Der größte Teil der Vorlesungen gilt zentralen Texten berühmter mittelalterlicher Legenden und Visionen und ihrer Überlieferung. Legenden liegen in vielfältiger Form vor. Nahezu alle großen Autoren höfischer Romane verfassten auch Verslegenden. Hartmann von Aues Gregorius liegt eine doppelte Inzest-Geschichte zugrunde. Rudolf von Ems‘ Barlaam und Josaphat transportiert den Stoff der Buddha-Legende in die deutsche Literatur. Neben solch umfangreichen Legenden einzelner Heiliger stehen auch volkssprachliche Großunternehmungen, die in gewaltigen Legendaren in Vers oder Prosa die Geschichten aller Heiligen vereinen möchten. Nicht minder vielgestaltig ist die Visionsliteratur. Einzelne Texte oder ganze Visionensammlungen berichten von Himmel- und Höllenfahrten oder Begegnungen mit Gott, Christus und den Heiligen. Politische, poetische oder kontemplative Aspekte kennzeichnen die Texte. Am Ende der Vorlesung steht ein Blick auf das Nachleben von Heiligenlegenden und Visionen bis in die moderne Literatur.

Studienleistung: Klausur (nach Maßgabe des MHB).

Anmeldung: Bitte melden Sie sich in ILIAS sowie in CMS für die Vorlesung an.

Literaturhinweise

Literaturempfehlungen:

Erstinformationen zu allen Texten bieten ²VL und Ausgabenvor- bzw. –nachworte. Zur Gattung: Edith Feistner, Historische Typologie der deutschen Heiligenlegende des Mittelalters von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zur Reformation, Wiesbaden 1995 – Peter Dinzelbacher, Vision und Visionsliteratur im Mittelal -ter Stuttgart 198 – Werner Williams-Krapp, Die deutschen und niederländischen Legendare des Mittelalters. Studien zu ihrer Überlieferungs-, Text- und Wirkungsgeschichte, Tübingen 1986 – Peter Strohschneider (Hg.), Literarische und religiöse Kommunikation in Mittelalter und Früher Neuzeit, Berlin / New York 2009 – Felix Prautzsch, Heilige und Heiden im legendarischen Erzählen des 13. Jahrhunderts, Berlin/Boston 2021.