Karlsruher Gespräche 2010

Organisierte Kriminalität - Schattenseiten der Globalisierung

Dr. Wolfgang Hetzer

Referent  

 

Hetzer

Wolfgang Hetzer wurde im Jahre 1951 geboren. Derzeit ist er als Berater des Generaldirektors des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) im Bereich Korruptionsbekämpfung tätig. Nach dem Abitur im Jahre 1970 war er zwei Jahre lang Berufssoldat bei der 1. Luftlandedivision der Bundeswehr. Im Oktober 1972 begann Hetzer sein Jurastudium an der Universität Göttingen, wo er 1977 das erste Staatsexamen ablegte. Im Folgenden arbeitete er als Referendar in Deutschland und Brasilien und legte 1979 in Hannover sein zweites Staatsexamen ab. Er wurde Rechtsanwalt und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität des Saarlandes, wo er 1982 promovierte. Im Jahre 1983 trat Hetzer in die Bundesfinanzverwaltung ein. In den vergangenen 25 Jahren war Hetzer mit zahlreichen und unterschiedlichen Aufgaben betraut. So war er Bereichsleiter in der Bundesfinanzverwaltung, Jurist am Bundesfinanzhof und leitender Beamter am Bundesforschungsministerium in Bonn. Seit über 10 Jahren beschäftigt er sich mit Fragen der inneren und äußeren Sicherheit. Nach der Wiedervereinigung wurde Hetzer zum stellvertretenden Leiter der Abteilung Steuern des Finanzministeriums Brandenburg in Potsdam ernannt. Von 1992 bis 1997 war er als Rechtsberater einer Fraktion im Bundestag zu Themen wie organisierte Kriminalität, Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Polizei, Geheimdienste und andere Sicherheitsfragen tätig. Bevor er seine jetzige Stelle im Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) antrat, war er im Bundeskanzleramt in Berlin für die Aufsicht des Bundesnachrichtendienstes zuständig.

 

Das ZAK hat Herrn Dr. Wolfgang Hetzer gebeten, folgende Fragen zu beantworten:
Globalisierung ermöglicht eine zunehmende Ausweitung der Organisierten Kriminalität. Was kann auf lokaler Ebene dagegen unternommen werden?

"Die Organisierte Kriminalität (OK) war schon lange vor dem Beginn der öffentlichen Debatte über die Globalisierung ein grenzüberschreitendes Phänomen. Globalisierung ist ein Begriff, der zwar in jüngerer Zeit offensichtlich Karriere gemacht hat. In bestimmten Bereichen gab es aber schon immer die Tendenz zur weltweiten Ausdehnung, wie ein kurzer Blick auf die Weltgeschichte zeigt (Völkerwanderung, Kolonialismus, Kriege, Handel, etc.). Es liegt auf der Hand, dass auch wichtige Aktivitäten der OK, wie etwa der Rauschgifthandel, die Produktpiraterie und der Menschenhandel international angelegt sein müssen. Vorbereitung und Durchführung dieser Straftaten unter Einsatz moderner Technologie (u. a. Internet) erschweren oft die eindeutige Bestimmung des Tatortes und begrenzen schon deshalb lokale Gegenmaßnahmen. Zudem tritt der Taterfolg häufig erst an anderer Stelle ein. Wie auch immer: Die OK setzt ihre „Produkte“ auf konkreten illegalen Märkten ab. Dort muss zunächst auf die Nachfrageseite eingewirkt werden, ein Ansatz, der wirkungsvoller wäre als jede Form der Strafverfolgung. Gleichwohl müssen örtlich zuständige Sicherheitsbehörden durch angemessene Ausbildung und Ausstattung in die Lage versetzt werden, mit hochqualifizierten kriminellen „Unternehmern“ zu konkurrieren. Überall dort, wo Täter der OK aktiv sind und wo der deliktische Schaden eintritt, müssen harmonisierte rechtliche Bedingungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bestehen und die Mechanismen des polizeilichen Informationsaustausches und der justiziellen Rechtshilfe funktionieren. Eine schnelle und entschlossene Sanktionspraxis und vor allem effektive Vorkehrungen zur Gewinnabschöpfung müssen an jedem Ort gewährleistet sein. Die mittlerweile etablierte Einsicht, dass in der Sicherheitspolitik nicht mehr zwischen „innen“ (lokal) und „außen“ (global) zu unterscheiden ist, hat auch für die Bekämpfung der OK praktische Konsequenzen. Die hier nur andeutbaren lokalen Maßnahmen bleiben jedenfalls wirkungslos, wenn sie nicht Teil eines internationalen Zusammenhangs werden. "