Schattenseiten des Internets

Colloquium Fundamentale der Universität Karlsruhe (TH) im WS 2006/07

LogoDie grenzenlos kommunizierende Welt des Internets ist voll von nützlichen Informationen und Unterhaltungsangeboten, das Internet bietet inzwischen unverzichtbare Kommunikationsnetzwerke. Allerdings stellen die Schattenseiten des Internets eine wachsende Bedrohung dar, die neue Abhängigkeiten schaffen und eine große Herausforderung für Wissenschaft, Politik und Wirtschaft sind. Im Wintersemester 2006/07 will das Colloquium Fundamentale die interdisziplinäre Diskussion über diese Herausforderungen in den Mittelpunkt stellen.

Polizei, Geheimdienste und Sicherheitspolitiker warnen vor den zahlreichen Möglichkeiten, die sich Terroristen Staatsfeinden, Drogenhändlern und Kinderschändern, Kriminellen und Scharlatanen bieten. Die Täter sind wegen der vielfältigen Verschleierungsmöglichkeiten, die das Internet bietet, nur schwer greifbar. Polizei und Geheimdienste arbeiten deshalb mit der Industrie und Sicherheitsbehörden daran, technische Schnittstellen zur Erfassung scheinbarer Randdaten zu entwickeln, von denen man sich grenzüberschreitend einen direkten Zugriff auf die neuen Kommunikationsnetze erhofft.

In jüngster Zeit schrecken Berichte über mit dem Handy gefilmte Grausamkeiten von Jugendlichen auf, die anschließend den Weg in das Internet fanden. Auch Frauenhandel und Prostitution werden, ebenso wie Kinderpornografie inzwischen über das World Wide Net auf einschlägigen Seiten als besondere „Serviceleistung“ angeboten, wobei bei der Ahndung dieser Straftaten häufig auf internationaler Ebene kooperiert wird, um die Täter dingfest zu machen. Ähnlich verhält es sich auch mit Terrornetzwerken, die über das Internet operieren können, ohne Staatsgrenzen zur Konspiration überwinden zu müssen. Die Anonymität und die Möglichkeit der weltweiten Agitation, die das Internet bietet, scheint ein Anreiz für kriminelle Machenschaften zu sein.

Wie unsere Gesellschaft in ihren unterschiedlichen Facetten – Politik, Wissenschaft, Polizei und Kriminalämter, aber auch jeder einzelne – auf diese neuen Herausforderungen reagiert, soll in der Vortragsreihe beleuchtet werden. Externe Referenten, wie Jörg Ziercke (Präsident des Bundeskriminalamts) und Peter Schaar (Datenschutzbeauftragter der Bundesregierung), geben damit einen Überblick über die Risiken und Gefahren, die das Medium Internet auf verschiedenen Ebenen birgt und diskutieren über geeignete Maßnahmen, den „Schattenseiten des Internets“ entgegen zu treten.

Das Colloquium Fundamentale unter der Leitung von Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha ist eine der zentralen Vortragsreihen der Universität Karlsruhe (TH). Die Veranstaltung richtet sich an Studierende, Mitglieder der Universität und die interessierte Öffentlichkeit. Wir freuen uns auf viele Gäste.

Der Eintritt ist frei.

Ort: Engesser-Hörsaal
Gebäude: Geb. 10.81, Otto-Ammann-Platz 1, 1. OG
Termin: Donnerstag, 18h00-19h30, meistens 14-tägig, siehe Programm.

Konzept und wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. Caroline Y. Robertson-von Trotha, Gründungsdirektorin des ZAK

         
Veranstaltungsübersicht

16. November 2006: Sicherheit im Netz - Eine innenpolitische Herausforderung

Dr. Markus Dürig,
Referatsleiter IT, Sicherheit in der Informationstechnik,
Bundesministerium des Inneren, Berlin

Das Internet ist Motor einer dynamischen Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik, die die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozesse in Deutschland tief greifend verändert hat. Derzeit wachsen Informations- und Kommunikationstechniken zusammen. Mit dem Grad der Internetnutzung steigt aber auch das Risiko, Opfer von Hackerangriffen, Dialern, Computerviren oder anderen Schadprogrammen zu werden. Experten erwarten, dass sich sowohl Methoden als auch Ziele künftiger Angreifer im Internet oder über das Internet in den kommenden Jahren deutlich verändern werden. Die Funktionsfähigkeit der IT-Infrastrukturen ist von essentieller Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Infrastrukturen unseres Landes. Deren Schutz ist ein Aspekt der Maßnahmen zum Schutz der inneren Sicherheit, die heute untrennbar mit der Förderung von IT-Sicherheit verbunden ist. Eine der größten Schwierigkeiten bei der Abwehr dieser Bedrohungen ist das mangelnde Problembewusstsein in allen gesellschaftlichen Bereichen. Der Vortrag wird die Entwicklung des Internet, die Gefahren aus dem Internet sowie die Maßnahmen der Politik zur Verbesserung der Sicherheit von Informations- und Kommunikationstechniken im Zusammenhang mit dem Internet darstellen.

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30. November 2006: Der gläserne Mensch – Kommerz im Internet und seine Gefahren

Peter Schaar, Datenschutzbeauftragter der Bundesregierung Prof. Dr. Hartmut Schmeck, Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren - AIFB, Universität Karlsruhe (TH)

E-Commerce hat Hochkonjunktur. Der bequeme Einkauf per ‚Mausklick’ kann jedoch zu bösem Erwachen führen, wenn nach Vorauszahlung des Kaufpreises die Ware nicht geliefert wird oder in mangelhaftem Zustand ankommt. Der Schaden ist oft irreparabel, wenn die Händler ihren Firmensitz im Ausland haben und nicht mehr greifbar sind. Da in den letzten Jahren die Fälle von geprellten Internetkunden zugenommen haben, sollen die Risiken des Kommerzes im Internet kontrovers diskutiert werden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, wird dieses Thema aus Sicht der Bundesregierung beleuchten, während Prof. Dr. Hartmut Schmeck von der hiesigen Universität auf Aspekte der Abwicklung und die Dynamik von Geschäftsprozessen im Internet eingehen wird.

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14. Dezember 2006: Zwischen Transformation und Verbot: Der wachsende Einfluss des Internets in China

Shi Ming,
China-Redakteur der Deutschen Welle

Millionen Internetzugänge, über 200 Millionen Handys. Bislang stehen diese Zahlen als Belege der städtischen Modernisierung in China, schüren ökonomische Phantasien und verdecken, was für soziale und kulturelle Dimensionen diese Zahlen für die Umwandlung der chinesischen Gesellschaft und somit auch der Politik bedeuten – teilweise schon heute. Relativ wenig bekannt ist der Verlauf zahlreicher Diskussionen ebenso wenig die Bündlungskraft der Webblogger als latente oder etablierte Meinungsführer. Wenig bis gar nicht bekannt ist deshalb die Änderung der Zensur und Unterdrückung. Der Vortrag wird auf drei Ebenen auf die Umwandlung stichwortartig eingehen, mit der Hoffnung, Diskussionen anzuregen: Auf der Ebene der Informationen und deren Autorisierung, auf der Ebene der Verschiebung von Wissenssystemen, die der Einordnung von Informationen zugrunde liegen und als Kulissen der Geschehnisse auf der dritten Ebene dienen, nämlich auf der Ebene der explizierten Mei-nungen. Auch auf beiden anderen Ebenen gibt es freilich das Problem der Autorisierung, jedoch spielt dieses Problem auf den genannten Ebenen ungewollt eine zentrale politische Rolle, die der Pluralisierung von Diskursen und Themen, deren Bestimmung in jeder, also nicht nur in der chinesischen, modernen urbanen Gesellschaft das A und O der Politik bedeutet, so nach dem Motto: Wer bestimmen kann, worüber nachgedacht wird, hat das Sagen; wer dazu noch bestimmen kann, wie über das Nachzudenkende nachgedacht wird, hat auch noch das Gehör des Volkes. Lesen sie hier ein Interview mit Herrn Shi Ming zum Thema "Internet"

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11. Januar 2007: Frauenhandel und Prostitution im Internet

Inge Bell ,
Freie Journalistin, München mit anschließender Filmvorführung

Lesen sie hier ein Interview mit Frau Bell zum Thema "Internet"

Für das Jahr 2005 verzeichnet das Bundeskriminalamt 642 Opfer von Menschenhandel, die zum Zweck der sexuellen Ausbeutung überwiegend aus mittel- und osteuropäischen Ländern nach Deutschland gebracht wurden. Das Internet wird zwar nicht primär für den Frauenhandel genutzt, jedoch dient es als Plattform zur Verbreitung pornographischer Inhalte. Prostitution wird auf einschlägigen Seiten als besondere ’Serviceleistung’ angeboten. Freier machen sich dabei die Anonymität und Freizügigkeit des World Wide Web zu Nutze. Die Journalistin Inge Bell wird von ihrer investigativen Arbeit gegen den organisierten Menschenhandel in Osteuropa und ihrem Engagement im ’Aktionsbündnis gegen Frauenhandel’ berichten.

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18. Januar 2007: Schattenseiten des Internets aus Sicht des Bundeskriminalamts

Jörg Ziercke,
Präsident des Bundeskriminalamts Wiesbaden

Immer mehr Bereiche unseres Alltags verlagern wir ganz oder teilweise in das Internet. Auch die Kriminalität macht vor dem World Wide Web nicht Halt. In zahlreichen Deliktsfeldern ist seit geraumer Zeit ein Trend hin zur „Digitalisierung“ der Vergehen festzustellen. Jüngst warnte das Bundeskriminalamt vor ‚Phising’-Tricks, mit denen Betrüger mit Hilfe des Internets ahnungslose Bürger zu Mittätern machen. Im Bereich Extremismus gewinnt der Cyber- Space als Forum zur Verbreitung propagandistischer Inhalte ebenfalls an Bedeutung. Die Täter profitieren dabei von der Tatsache, dass ihr Handeln in verschiedenen Staaten immer noch nicht strafbar ist. Jörg Ziercke wird in seinem Vortrag erläutern, wie die Polizei ihre Pflicht als Garant für die Sicherheit der Bürger auch in der virtuellen Welt des Internet wahrnimmt.

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25. Januar 2007: Jugendgewalt und Kinderpornografie im Internet

Prof. Dr. Christian Pfeiffer,
Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V., Hannover

Mit der privaten Nutzung des Internets finden Kinder und Jugendliche auch leicht Zugang, unter anderem zu pornografischen und gewaltverherrlichenden Inhalten. Jüngst häuften sich Berichte über mit dem Handy gefilmte Grausamkeiten von Jugendlichen, die anschließend den Weg in das World Wide Web fanden. Ebenso dient es pädophilen Tätern als Forum zum Austausch und zur illegalen Verbreitung kinderpornografischer Darstellungen. So sind nach einer Studie der Europäischen Kommission ein Viertel aller Heranwachsenden zwischen acht und 17 Jahren im Internet bereits auf einschlägige Seiten gestoßen. Prof. Dr. Pfeiffer wird in seinem Vortrag auf die Gefahren der „neuen“ Medien für Kinder und Jugendliche eingehen.

 

01. Februar 2007: Abschlusspodium „Europe goes Internet – Risiken und Gefahren"

 

   Dr. Wolfgang Streitenberger
Conseiller, Generaldirektion Informationsgesellschaft, EU-Kommission, Brüssel

Werner Hülsmann
Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Datenschutz

Prof. Dr. Johann Günther
Geschäftsführer der FH St. Pölten, Österreich

Rund 200 Millionen Menschen europaweit sind regelmäßig online. Jedoch zeichnet sich innerhalb der EU ein Nord- Süd-Gefälle hinsichtlich des Internetzugangs ab. Während in Schweden rund 82 Prozent der Bürger das World Wide Web nutzen und in Deutschland 40 Millionen Menschen online sind, bilden Griechenland und die osteuropäischen Staaten mit 20 Prozent das Schlusslicht. Da das Internet zum Vehikel der heutigen Kommunikation und Wirtschaft geworden ist, haben insbesondere die neuen Beitrittsländer Nachholbedarf auf diesem Gebiet. Zum Abschluss der Veranstaltungsreihe diskutieren Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Notwendigkeit einer technologischen Einheit Europas.

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