Bessere Dörfer für eine bessere Welt

24. Januar 2007, 18.30 Uhr
Ort: Hörsaal Nachrichtentechnik (NTI), Geb. 30.10, Universität Karlsruhe (TH)

Pater Michael A. Windey S.J. und die Dorferneuerungsbewegung VRO
Dokumentarfilm von Udo Dreutler mit anschließender Diskussion

FilmfotoDie Dorferneuerungsbewegung VRO wurde Ende der 1960er Jahre von Pater Windey gegründet. In mehr als 500 Dörfern sind seither nicht nur katastrophensichere Häuser, sondern auch lebendige Gemeinschaften entstanden, die seit 1988 von einer Initiative unterstützt werden. Udo Dreutler, bekannt als Dokumentarfilmer, dokumentiert die Person Pater Windey und sein Werk. Es entstand auf diese Weise eine Dokumentation, in der nicht nur die erstaunliche Schaffenskraft Pater Windeys gezeigt wird (im Rollstuhl reiste er nach Indien zurück zu tsunami-betroffenen Dörfern) sondern auch, dass seine freiwilligen Helfer in der Abwesenheit ihres inzwischen 85-jährigen Promotors sein Werk gut weiterführen.

 

Hintergrundinformationen zur VRO

von Eduard Nachauer

Logo VROIm Jahre 1996, zu Pater Windey's 75. Geburtstag, stellten wir uns in der "Partnerschaft Ibrahimpatnam - Karlsruhe" (gegr. 1988) die Frage, was wir alles Windey zu verdanken haben. Welchen Gewinn hatten wir z.B. bei Hilfsaktionen in den VRO-Dörfern in Indien. Die meisten Studierenden, die sich entschieden hatten, für 3 bis 6 Monate Windey's Freiwilligen zu helfen, berichteten bei ihrer Rückkehr, dass sie selbst von ihrem Aufenthalt mehr als die Dorfbewohner profitiert hätten. Nicht nur hatten viele erlebt, dass ein einfacher Lebensstil mehr bereichern kann als alles, was wir uns einbilden, ersatzweise aus materiellen Gütern an Lebensqualität gewinnen zu können. Auch brachten sie eine Menge von Anregungen mit heim. So gründete etwa ein Student nach seiner Rückkehr 1992 in seinem Heimatort Furtwangen einen Klub für Car-Sharing und bewog Freunde dazu, zusammen ein lokales Talent bzw. Arbeitstauschsystem aufzubauen. "Bei einer kleinen Gruppe von Leuten", meinte dieser Student, "besteht die Gefahr, dass durch den Wegzug von ein, zwei Teilnehmenden das Projekt gefährdet ist. Aber das gehört auch zu dem, was ich in Indien gelernt habe: Langfristig zu denken, einen langen Atem zu haben und dennoch mit Nachdruck dranzubleiben. Dann kann man auch etwas bewegen."
 Von den individuellen Veränderungen, die sich ohne Aufhebens innerhalb unserer Initiative während der letzten Jahre abspielten, will ich hier zwei nennen. In einem Fall gab ein junger Mann eine gesicherte Stellung an der Universität auf, um zusammen mit Gleichgesinnten mit neuen Formen einer natürlichen Land- und Gartenwirtschaft zu experimentieren. Im anderen Fall zog ein Ehepaar in eine kleine Mietwohnung, nachdem es sich von Eigenheimbesitz getrennt hatte, und begann, zur Finanzierung einer Stelle eines von Arbeitslosigkeit Bedrohten vom halben Gehalt zu leben.
 Unendlich viel konnten wir von Pater Windey's Beispiel darüber lernen, wie den Bedürftigen am wirksamsten geholfen werden kann. Statt die Armen um Eigeninitiative und Kreativität zu bringen und sie zu bloßen Empfängern von dem zu machen, was er zu geben hatte, wurde Windey einer der ihren und weckte in ihnen den Glauben an ihre eigenen Fähigkeiten und ihre Würde. Indem er ihnen Verantwortung zuwies und Unabhängigkeit ermöglichte, half er ihnen, intakte und lebendige Gemeinschaften zu schaffen. Auch waren wir beeindruckt von der Art Angepasster Technologie, die wir antrafen; es war im wahrsten Sinne des Wortes Appropriate Technology, d.h. "technology appropriated by the people who use it"! Und es entwickelt sich in den VRO-Regionen nach und nach eine Form des Handels zwischen im wahren Sinn freien, lokalen Märkten und damit eine Einkommensquelle zusätzlich zu denen aus dem Dörferbau.
Ein Teil von Windey's Geheimnis scheint uns zu bestehen in dem chinesischen Weisheitsspruch:  Geh zu den Leuten; leb mit ihnen; lerne von ihnen;  plane mit ihnen; fang mit dem an, was ihnen vertraut ist; bau auf dem auf, was sie besitzen.

Diesen Rat sollten wir wohl alle beherzigen, die wir schon jetzt oder in Zukunft mit Unternehmungen befaßt sind mit dem Ziel, mehr Gerechtigkeit und Frieden in eine Welt der wachsenden Ungleichheit zu bringen.

Die Partnerschaft Ibrahimpatnam-Karlsruhe