Karlsruher Gespräche 2013

Die ‚Zwischengesellschaft‘: Tradition und Moderne im Widerspruch

Francesca Caferri

Referentin

Caferri

Francesca Caferri beschäftigt sich als Journalistin mit verschiedenen das Weltgeschehen betreffenden Themen, wobei ihr Fokus auf Entwicklungsfragen und bedeutenden internationalen Ereignissen, besonders im Mittleren Osten, liegt. Sie arbeitete für verschiedene italienische Zeitungen, unter anderem für Milano Finanza (1998) und Bloomberg Investimenti (1999) mit dem Schwerpunkt internationale Wirtschaft und Finanzen. Von 1999 bis 2001 berichtete sie für CNN Italien über humanitäre und europäische Angelegenheiten.

Von 2002 bis 2006 war Caferri Professorin für Internationale Organisation und Außenpolitik am Istituto per la Formazione al Giornalismo in Urbino, Italien. 2001 übernahm sie die Leitung des Segments ,Weltgeschehen‘ bei La Repubblica in Rom und berichtete über bedeutende internationale Ereignisse im Mittleren Osten, den USA, Afrika, Europa und Lateinamerika. Caferri ist stellvertretende Chefredakteurin bei La Repubblica.

Im Laufe der letzten Jahre berichtete Caferri unter anderem aus Sri Lanka während der Tsunamikrise (2005), aus dem Libanon während des Israelkrieges (2006), aus Pakistan nach dem Attentat auf Benazir Bhutto (2007 und 2008), aus dem Irak zum fünften Jahrestag des Krieges (2008) und 2009 aus Afghanistan. Caferri war vor allem im Mittleren Osten, in Asien und Afrika unterwegs und interviewte Leitfiguren des politischen und öffentlichen Lebens (zuletzt Shimon Peres, David Petraeus, Asif Ali Zardari, Desmond Tutu, Shirin Ebadi, Wangari Maathai und den Dalai Lama).

2005 wurde Caferri die höchste Auszeichnung für italienische Journalisten (der Saint-Vincent-Journalistenpreis) für ihre Berichterstattung aus Kuba während des ersten Treffens der kubanischen Opposition verliehen.


Das ZAK bat Francesca Caferri folgende Frage zu beantworten:

Unsere Gesellschaft steht zwischen tradierten Wertvorstellungen und lokalen Alltagsroutinen einerseits und sich schnell wandelnden Einstellungen und Verhaltensweisen andererseits. Welche Rolle spielen Frauen in diesen zivilgesellschaftlichen Veränderungsprozessen?

Hierzu möchte ich auf den Mittleren Osten und allgemeiner auf die islamische Welt eingehen, da dies mein Wissensgebiet ist. In diesen Ländern hat die Rolle der Frauen in zivilgesellschaftlichen Veränderungsprozessen eine große Bedeutung. Die Frauen waren an vorderster Front der Revolution, die 2011 das neue Gesicht der Region formte, und sie sind es auch noch in den heutigen schwierigen Zeiten, in denen einige der Errungenschaften dieser Revolutionen in Gefahr sind.

Doch die Frauen befinden sich dort schon weitaus länger als wir denken. Sie nehmen Einfluss in Büros und Universitäten, auf den Plätzen, wo sie demonstrieren, und in den Parlamenten, wo ihnen die Durchsetzung von für Frauen positiveren Gesetzen gelungen ist. Nicht alle diese Gesetze werden angewendet, doch nun sind sie schwarz auf weiß niedergeschrieben. Im Vergleich mit der vorherigen Situation stellt dies bereits einen Schritt nach vorne dar. Die Bewegung kann auf ihre eigenen Ursprünge, ihre eigenen Traditionen, ihre eigene Religion verweisen und imitiert nicht lediglich die westliche Welt. Frauen stehen an der vordersten Front einer Bewegung, die viele Gesichter hat, der es aber gelingt, das Gesicht der islamischen Welt zu verändern, und die dies in Zukunft sogar noch weitreichender tun wird. Die Herausforderung für die Frauen ist dabei, dies zu tun, ohne ihre Seelen zu verkaufen und ihre Traditionen zu verlieren. Ich denke, dass wir in den kommenden Jahren eine interessante Entwicklung verfolgen können werden.