Islam und Popmusik

Lassen sich muslimischer Glaube und westliche Moderne im Alltag vereinbaren? Der Film „Pop Islam“ zeigt einen Konflikt in dem sich derzeit viele Muslime befinden. Die Dokumentation läuft bei der Arte-Filmnacht während der Karlsruher Gespräche. Irina Brombacher stellt sie vor.

Moderner Islam: Das Model Yasmine Mohsen und ihre TV-Sendung (Bild: ZDF)
Moderner Islam: Das Model Yasmine Mohsen und ihre TV-Sendung (Bild: ZDF)

Der kanadisch-ägyptische Regisseur Ismail Elmokadem thematisiert in seiner Doku „Pop Islam“ aus dem Jahr 2010 wie junge Muslime ihre Religion mit einem modern geführten Leben in Einklang bringen wollen. Das Filmteam begleitet das ägyptische Topmodel Yasmine Mohsen und Ahmed Abu Haiba, den Gründer des ersten muslimischen Musiksenders „4Shbab“ in Kairo. Beide versuchen auf unterschiedliche Weise ihren Lebensstil mit dem Glauben zu vereinbaren und ihren Mitmenschen einen Weg zwischen strikt antimodernistischem und liberal-verwestlichtem Islam zu zeigen.

„4Shbab“ bedeutet übersetzt „für die Jugend“ und genau diese soll sich von den Videoclips zu arabischen Popsongs mit religiösen Texten angesprochen fühlen. Der Sender, der sich selbst als die „neue Stimme des Islams“ bezeichnet, will mit den im westlichen Stil gedrehten Videos junge Muslime auf eine neue Weise ihrer Religion näher bringen. So handeln etwa die Lieder nicht von der Liebe zwischen Mann und Frau, sondern von der Liebe zu Allah.

Die Reaktionen auf das Projekt sind zweigeteilt. Während streng konservative Muslime jede Annäherungsform an westliche Lebensgewohnheiten ablehnen und den Sender als „Abklatsch von MTV“ verurteilen, kommt das Konzept bei der jüngeren Generation größtenteils gut an: Die Castingshow „Islamischer Popstar“ beispielsweise ist sehr erfolgreich. Trotzdem ist es ein langer Weg den Haiba und seine Mitarbeiter gehen müssen, um ihre Idee in einem Land, das nach wie vor sehr stark von religiöser Tradition geprägt ist zu behaupten.

Musik und Mode im Schatten des Glaubens

Auch Yasmine Mohsen, das erste verschleierte arabische Model, hat täglich mit Vorurteilen zu kämpfen. Einerseits verkörpert sie den Traum vieler junger muslimischer Mädchen, andererseits entfacht ihre Kombination aus Kopftuch, Jeans und High Heels heftige Diskussionen. Verschleierung und ein Job im Rampenlicht lassen sich, den Kritikern zur Folge, nicht vereinbaren. Der Zweck des Kopftuchs sei es schließlich Aufmerksamkeit von sich abzulenken. Mohsen sieht das anders, Modebewusstsein und Religiosität schließen sich ihrer Ansicht nach nicht aus.

Doch vor allem möchte die 26-Jährige den vielen kopftuchtragenden Frauen Ägyptens eine Stimme geben, ihr Selbstbewusstsein stärken und Intoleranz bekämpfen. Der Traum der „Gemäßigten Muslima“, wie sie sich selber nennt, ist es dies als Moderatorin in einer Fernsehshow zu tun. Schließlich bekommt sie tatsächlich die Sendung „Die Jugend hat das Wort“ bei 4Shbab angeboten.

Die von ZDF und Arte produzierte Dokumentation bietet einen interessanten Einblick in die aktuellen Entwicklungen Ãgyptens –  in eine Welt die sich momentan, wie kaum eine andere, im Umbruch befindet. Mit ihren innovativen Ideen wollen die beiden Protagonisten der Jugend einen moderaten Weg aufzeigen, wie sich Offenheit und Toleranz mit traditioneller Kultur und Religion verbinden lassen.

Der Film polemisiert nicht. In einem ruhigen, sachlichen Stil beleuchtet er den Konflikt zwischen konservativen Muslimen und jungen Menschen, die eine neue Richtung einschlagen wollen. Der westliche Zuschauer lernt durch diesen Film zum einen den Alltag der Menschen kennen, zum anderen beseitigt die Dokumentation das eine oder andere Vorurteil. Deutlich wird, dass es sich beim „Pop Islam“ um eine neue friedliche Bewegung handelt, mit der sich viele junge Muslime identifizieren.

Ismail Elmokadems Dokumentation hat in dieser Hinsicht also vor allem eine aufklärende Funktion. Sie informiert über eine neue, vom Westen weitgehend unbemerkte, Jugendkultur, deren Weltanschauung eine echte Alternative zum Reaktionären, gar zum Extremismus, darstellt.

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