Wegwerfgesellschaft. Eine Fotoreportage.

Was nicht taugt, kommt in den Müll und der Müll, der kommt schon weg. Eine richtige Lösung für unser aller Müllproblem haben wir nicht. Der Müll wird gesammelt und zu Bergen zusammengeschoben oder verbrannt. Doch das Problem im Umgang mit Müll sitzt tiefer. Wir haben es gerne günstig, lieber noch billig und am liebsten geschenkt. Die Fotoreportage von Konstantin Maier zeigt wie alltäglich Wegwerfen in unserer Gesellschaft geworden ist.

Nachhaltigkeit: ist das nicht etwas für Öko-Schnösel, die es sich leisten können? Was kann ich für die Produktionsbedingungen in Indien? Unser Alltag ist geprägt von zu kurz greifenden Sichtweisen. Und die Auswirkungen unseres Handelns treffen vor allem die, die es ohnehin nicht leicht haben.

Karlsruhe Kaiserstraße
Karlsruhe Kaiserstraße

Überall in den Straßen befindet sich achtlos weggeschmissener Müll. Vor allem Werbeprospekte und kostenlose Zeitungen fliegen meist unmittelbar nach der Produktion direkt in den Müll.

Einen Strauß voll Schrott
Einen Strauß voll Schrott

In den letzten Jahren schossen immer mehr 1-Euro-Shops aus dem Boden. Die dort hergestellten Produkte haben oft eine kurze Lebenszeit, dafür sind sie billig.

1-Euro-Shop Müllsäcke
1-Euro-Shop Müllsäcke

Für einen Euro kann man im wahrsten Sinn des Wortes Müll kaufen.

I love Karlsruhe
I love Karlsruhe

Wenn alles 1 Euro kostet muss man nicht lange überlegen, auch wenn man nichts wirklich braucht.

Primark
Primark

Auch die Modeindustrie hat sich auf das Kaufverhalten der Kunden eingestellt, vor allem Primark lockt junge Kunden mit niedrigsten Preisen.

Einzelhändler des Jahres
Einzelhändler des Jahres

Wenn ein T-Shirt 2 Euro kostet kann man sich ausrechnen was davon bei den Arbeitern übrigbleibt.

Kleidersammlung
Kleidersammlung

Klamotten, die wir (Dank neuer Klamotten) nicht mehr brauchen, kommen in die Altkleidersammlung – samt Kaffeebecher, den wir dabei in der Hand haben.

Triste Wirklichkeit
Triste Wirklichkeit

Selbst in der Natur gibt es für viele keine Bedenken ihren Müll abzuladen.

Der Baum
Der Baum

Was wir nicht mehr wollen, kann auf die Straße. Irgendjemand wird es schon wegräumen.

Berge
Berge

Vorne eine Schrottverwertungsanlage, hinten der Windpark (Mülldeponie West Windmühlenberg). Interessanterweise steht der Windmühlenpark auf einem ehemaligen Müllberg.

Supermarkt
Supermarkt

Der Kunde erwartet von morgens bis abends frische Produkte. Dadurch entsteht viel überflüssiger Müll.

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Transparenz oder Freiheit

Durch Whistleblower wie Edward Snowden, wissen wir, dass es nicht gut um unsere informationelle Selbstbestimmung steht. Informationen verlassen Räume in denen sie zuvor eingesperrt waren. Wir bezahlen Bequemlichkeit  mit unseren Daten. Doch warum sind wir bereit Intimes und Privates an große Konzerne weiterzugeben? Was genau heißt Transparenz? Wo liegen die Grenzen und was muss eine Gesellschaft lernen, wenn wir mit Transparenz richtig umgehen wollen? Konstantin Maier fasst zusammen.

Es ist nicht immer leicht den Durchblick zu behalten (Bild: spex.de)
Es ist nicht immer leicht den Durchblick zu behalten (Bild: spex.de)

Bei der Frage was genau Transparenz bedeutet, ist zuerst klarzustellen, was für wen transparent sein soll. Transparenz kann sich beispielsweise auf Verwaltungsvorgänge beziehen. Warum trifft eine öffentliche Institution ihr Entscheidungen, nach welchen Kriterien handelt sie? Hierbei ist Transparenz etwas Positives, denn sie schafft Nachvollziehbarkeit. Anders sieht es allerdings aus, wenn es um den „gläsernen Menschen“ geht. In diesem Falle, wünscht der Bürger keine Transparenz, sondern fordert sein Recht auf Privatsphäre. Anders gesagt Freiheit, nämlich die Freiheit zur Selbstbestimmung.

Bei der Diskussion um Transparenz funktioniert die Unterscheidung zwischen Gut und Böse nicht. Regierungskritiker behaupten es wäre nicht transparent, Bundestagssitzungen zu filmen und diese online zu stellen, da niemand was mit stundenlangen Sitzungen anfangen kann. Dieses Beispiel zeigt, dass Transparenz oft auch mit großen Datenbergen einhergeht.. Oftmals kann also erst die Interpretation und Auswertung der Daten zu Transparenz führen, doch geht das nicht zu weit. Sind wir nicht seit Kant selbstständig denkende Wesen und fähig uns unseres Verstandes zu bedienen?

Politik macht Transparenz zum Thema

Eine Partei, die wie keine zweite für Transparenz in der Politik steht sind die Piraten. So heißt es in den Leitsätzen der Piraten-Partei Kreisverband Karlsruhe :„Wir setzen uns für Transparenz in kommunalen Unternehmen, der Kommunalpolitik sowie der Verwaltung ein. Dazu gehört das Einführen einer kommunalen Informationsfreiheitssatzung“. Damit gemeint ist ein Bürgerrecht zur öffentlichen Einsicht in Dokumente und Akten. Das Informationsfreiheitsgesetz könnte beispielsweise  Ã„mter und Behörden verpflichten, ihre Akten zugänglich zu machen. Doch in Baden-Württemberg lehnte der Landtag einen entsprechenden Antrag 2005 ab. Aus der heutigen Sicht muss man fragen, warum? Steht Karlsruhe nicht mit dem Sitz des Bundesverfassungsgerichtes für die Wahrung der Freiheit des Bürgers?

Demokratie in Gefahr?

„Ein Mensch unter Beobachtung ist niemals frei; und eine Gesellschaft unter ständiger Beobachtung ist keine Demokratie mehr. Deshalb müssen unsere demokratischen Grundrechte in der virtuellen Welt ebenso durchgesetzt werden wie in der realen.“ Diese Kernaussage ist Teil des Protesttextes „Die Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter“ gegen die Überwachung der NSA. 562 Schriftsteller aus aller Welt haben ihn unterzeichnet, unter anderem Elfriede Jelinek, Daniel Kehlmann und Umberto Eco. Die Autorin und Initiatorin des Protests, Juli Zeh, betont in einem Spiegel-Interview, im Text darauf verzichtet zu haben, explizit Schuldige zu nennen. Dennoch wurde der Text von amerikanischen Zeitungen („New York Times“ und „Washington Post“) als „zu provokativ“ eingestuft und nicht veröffentlicht. Reale und virtuelle Welt werden in dem obigen Zitat auf eine Stufe gestellt. Oft wird das Internet in einem flachen Licht gesehen, als „rechtsfreier Raum“. Doch so rechtsfrei sei das Internet nicht, sagen Experten. Allein wenn man sich das größte Social Network Facebook betrachtet: Rund 800 Millionen. Nutzer müssen den Regeländerungen und permanenten Datenschutz-Lockerungen zustimmen. Der Nutzer unterwirft sich einem Regelsystem.

In dem Beispiel Facebook zeigt sich die Janusköpfigkeit des Internets: Denn so schnell wie wir an Daten und Informationen herankommen, so schnell gibt man die eigenen Preis. Das Argument der Überwachungsgegner: Wer ständig das Gefühl hat, der Staat hört mit, wird sich weniger frei äußern. Das Argument der Befürworter: Gerade im Internet werden Kriminalität und Terror organisiert – der Staat muss wissen, was dort vor sich geht, um seine Bürger zu schützen. Ob der Bürger allerdings seine Daten freiwillig preisgibt oder sie von jemandem abgegriffen werden, ist ein himmelweiter Unterschied. Ob ich mich selbst in der Toilette einschließe oder eingeschlossen werde ist auch technisch gesehen das Selbe, es fühlt sich allerdings völlig anders an. Und vielleicht sollte man sich bei der Diskussion die Worte Benjamin Franklins vorhalten: „Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

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Globalisierung aus kanadischer Sicht

„Living comfortably with diversity“ – mit diesem Motto zeigt  John Ralston Saul in seinem literarischen Werk am Beispiel seines Heimatlandes Kanada, dass kulturelle Vielfalt ohne soziale Spannungen  möglich ist. Am Samstag, 15. Februar 2014, spricht der Autor bei den Karlsruher Gesprächen. Ümmü Susan porträtiert den Schriftsteller.

Der Schriftsteller und PEN-Präsident John Ralston Saul (Bild: johnralstonsaul.com)
Der Schriftsteller und PEN-Präsident John Ralston Saul (Bild: johnralstonsaul.com)

Geboren in Ottowa, Ontario hat Saul nach seinem Universitätsabschluss in Politikwissenschaften und Geschichte zunächst die akademische Laufbahn eingeschlagen, die 1972 in einer Promotion mündete. Anschließend ist er  jedoch in die Wirtschaft gegangen, wo er unter anderem beim Aufbau des kanadischen Ölkonzerns PetroKanada im Vorstand mitwirkte.

Heute ist er einer der einflussreichsten intellektuellen Persönlichkeiten Kanadas. Seine Essays und Romane wurden in 22 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet. Oft legt er bei Tabuthemen seine Finger auf offene Wunden  und stellt eingefahrene Denkmuster in Frage, die viele Prominente nicht einmal wagen offen anzusprechen. Seine Ideen haben auch international großen Einfluss und liefern wichtige Impulse für die Interpretation von aktuellen, politischen und wirtschaftlichen Ereignissen. In der renommierten US-amerikanischen Kultur-Zeitschrift Utne Reader ist John Ralston Saul als einer der wichtigsten 100 Denker und Visionäre aufgeführt.

Indigene Eigenheiten im Lande des Ahorns

In seinen Essays Reflections of a Siamese Twin (1998) und A fair country (2008) legt der Schriftsteller dar, dass sich die Einwanderer aus Europa im 15. Jahrhundert an den kulturellen Eigenheiten der Ureinwohner orientierten, mit den Töchtern der indigenen Stammesfürsten Nachkommen zeugten und die Vielzahl überlappender Gesellschaftsstrukturen, Sprachvielfalt  und multiplen Umgangsformen übernahmen und unbewusst weiterpflegten. Anders als in den USA hat sich unter der kanadischen Bevölkerung die multikulturelle Identität über Jahrhunderte in der Mentalität bewahrt und sich auf Institutionen und Niederschriften wie etwa in der Kanadischen Verfassung niederschlagen.

Nach Sauls Ansicht hat sich die Idee der europäischen Eroberung und der Erhalt einer monolithisch geformten Gesellschaft, die die gewaltsame Kolonialisierung und die Vertreibung der Ureinwohner in Reservate nach sich zog, weitläufig in den USA durchgesetzt. Die europäischen Einwanderer hatten bereits bei ihrer Ankunft in US-Gebieten unter Berufung auf die Prinzipien der Aufklärung und Rationalismus eine fertige Vorstellung, wie ein idealer amerikanischen Bürger im melting pot, dem Schmelztiegel aller europäisch-stämmigen Kulturen zu sein hat.

Kritik der globalen Ordnung

In seiner Schrift The Collapse of Globalism and the rebirth of nationalism (2005) kündigt Saul ein Ende der Globalisierung in naher Zukunft an. Die neoliberalen Wirtschaftssysteme, die stets danach streben effizient zu wirtschaften, führen dazu, dass eine Elite für weltweite Volkswirtschaften agiert und nicht scheut zugunsten von Banken, Staaten in den Bankrott zu treiben. Nach Einschätzung Sauls ist die erhoffte Unabhängigkeit nur bedingt eingetreten. Vielmehr steigt die  Abhängigkeit von Öl und weiteren Energiereserven.

Auffällig ist für Saul, dass die gegenwärtige globale Weltordnung alte Kolonialvorstellungen in einem neuen Gewand verkörpert Grundlegend findet er das Konstrukt des Nationalstaats nicht schlecht, sofern die demokratische Grundprinzipien und nationalstaatliches Denken nicht in Frage gestellt werden. Und sofern der Nationalgedanke nicht in Rassismus, Stigmatisierung und Ausgrenzung der Individuen ausufert.

Saul stellt unter anderem fest, dass der Aufstieg des Individualismus, nicht wie einst erhofft, zu einer größeren individuellen Autonomie und Selbstbestimmung geführt hat, sondern zu Isolation und Entfremdung.

Das Totalitäre im rationalen Denken

Der Schriftsteller warnt in seinen Werken The Unconscious Civilization (1995), Voltaire’s Bastards: The Dictatorship of Reason in the West (1992) und Equilibrium (2001) vor der Instrumentalisierung des Rationalen, das in die Diktatur der Vernunft münden kann. Dies ist dann der Fall, wenn rationale Denkstrukturen als kanonisierte Lesarten totalitäre Züge annehmen:Vor lauter selbstzerstörerischer Besserwisserei und Überlegenheitsgefühlen werten wir alternative und vor allem kritische Ansichten ab.

Nach Saul funktioniert Demokratie und Teilhabe nur im nahen Lebensmittelpunkt – wir sind letztlich allein verantwortlich für unsere Umgebung. Das steigende Selbstinteresse der Individuen und die Annahme, dass alles über den globalen Markt geregelt wird, signalisiert das Ende der Demokratie. Die Abgabe der Verantwortung an den liberalen Wirtschaftsmarkt und an andere wirtschaftliche Interessengruppen führt zu weniger politischen Teilhabe künftiger Generationen.

Als Menschenrechtsaktivist  setzt er sich seit 2009 als Präsident des internationalen PEN Clubs nicht nur für die Interessen der Publizisten ein, sondern macht in Tagungen und Vorträgen wie demnächst am 15. Februar 2014 bei den 18. Karlsruher Gesprächen auf die weltweit zunehmende Zensur und Redefreiheit sowie Repressionen gegen inhaftierte und verfolgte Schriftsteller und Journalisten aufmerksam.

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The never Ending Story: Deutschland und das Internet

Vorratsdatenspeicherung, NSA-Affäre, Datenklau: Internetthemen spielen aktuell in Politik und Medien eine große Rolle. Doch sind die Themen für den deutschen Bürger überhaupt von Belang? Robert Zetzsche fasst zusammen.

Endlose Weiten: Die Datenautobahn und ihre Auswirkung (Foto: Markus Vogelbacher/pixelio.de)
Endlose Weiten: Die Datenautobahn und ihre Auswirkung (Foto: Markus Vogelbacher/pixelio.de)

Bereits die erste Woche des Jahres 2014 ist gespickt mit Meldungen über das Internet: Sei es der Untersuchungsausschuss zum Thema NSA, das Stoppen des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung, die Veröffentlichung von 4,6 Millionen Namen und Mobilfunknummern von Snapchat-Nutzern und der flächendeckende Zugriff auf Breitband-Internet (zumindest laut Bundesnetzagentur). Das Internet wird von jedem benutzt, ein Leben ohne scheinbar nicht mehr denkbar und Probleme rund um das Netz nehmen zu.

Internet im Kopf

Umso erstaunlicher ist es, dass diese hoch brisante Thematik mit all ihren teils menschenrechtsverletzenden Ausprägungen nach wie vor in sehr wenigen Köpfen eine Rolle spielt. Kaum Demonstrationen zu heiklen Internet-Themen. Im Gegensatz dazu polarisiert etwa Stuttgart 21 ganz Baden-Württemberg. Viele Monatelang protestierten die Stuttgarter und erwirkten sogar eine Volksabstimmung über das Projekt. Zusammen mit der Atomkatastrophe Fukushima brachte dieses Thema einen gesamten Landtag zum kippen. Eine Auswirkung der NSA-Affäre auf die Bundestagswahl 2013? Fehlanzeige. Täglich wird in die Privatsphäre von Menschen im Internet eingegriffen, sei es durch den Generalverdacht bei der Vorratsdatenspeicherung, bei der Abhörung durch Geheimdienste oder dem fahrlässigen Umgang mit Nutzerdaten durch Internetfirmen. Ist dies dem Bürger völlig egal?

Fehlende Sensibilisierung

Die Bundesregierung äußert sich geschickt oder gar nicht zu Internet-Themen. Es fehlt etwa ein klares Statement zur Drosselvorhaben der Telekom und der damit verbundenen Gefährdung der Netzneutralität. Die NSA-Affäre wird vorerst lieber ganz ausgesetzt, bis die Bundeskanzlerin selbst betroffen ist. Doch es kreisen täglich Millionen von privaten Informationen durch das Netz, teilweise ohne Wissen der jeweils Betroffenen. Gleichzeitig geht die Technisierung und Globalisierung in den nächsten Jahren nicht zurück sondern steigt in unübersichtliche Dimensionen. Daher ist es die Pflicht und das Recht eines jeden Betroffenen diese Missstände anzuprangern und sich für die Menschenrechte einzusetzen. Ein spezifischer Datenschutz auf deutschen Boden existiert auf Grund der Globalisierung nämlich nicht. Wer das Internet täglich nutzt, sollte auch verstehen was dahintersteckt und wie es funktioniert. Oder fährt man gern ein Auto ohne zu wissen wie Autofahren funktioniert? Dabei geht es nicht um den Status des rechtsfreien Raumes, sondern um die wichtigsten Rechte eines jeden Menschen, den Menschenrechten. (GG Art. 1 Abs. 2)


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Gesucht: Menschenrecht für alle

Der Bürgerkrieg in Syrien und die Todeslager Nordkoreas sind nur zwei Beispiele von Menschenrechtsverletzungen. Die Situation  vieler Menschen weltweit ist aussichtlos. Können wir diese Tatsache in unseren Alltag einbauen? Hoai Thuong Truong kommentiert.

Freiheit und Würde des Menschen haben sich noch nicht überall durchgesetzt. (Bild: Peter Reinäcker/pixelio.de)
Freiheit und Würde des Menschen haben sich noch nicht überall durchgesetzt. (Bild: Peter Reinäcker/pixelio.de)

Wir erfahren durch die Medien, dass viele Menschen immer noch unter Missbrauch und Gewalt leiden. Weil es uns in Europa gut geht, blenden wir jedoch oft Fragen nach Gerechtigkeit aus. Am 10. Dezember 2013 war wieder „Tag der Menschenrechte“. Nichtregierungsorganisationen, nationale Institutionen und zahlreiche Akademiker haben den Tag genutzt, um gemeinsam der Weltkonferenz über Menschenrechte von 1993 zu gedenken. Das Ergebnis dieser Konferenz war die Wiener Erklärung und das Aktionsprogramms für Menschenrechte. Nach dieser Erklärung sollen die Menschenrechte mehr Anerkennung bekommen. Sie fordert die einzelnen Staaten dazu auf, Menschenrechte im eigenen Land zu schützen und zu fördern. Amnesty International hat aber mehrere Beispiele von aktuellen Menschenrechtsverletzungen aufgezählt und gezeigt, dass es in diesem Feld noch vieler Handlungen bedarf.

Kein Ende für Misshandlungen

Durch das Grundgesetz genießen wir als deutsche Bürger das Recht auf Leben und Freiheit. Dieses Recht ist in anderen Ländern noch lange keine Selbstverständlichkeit. Meinungsfreiheit und Demokratie bleiben für die Bevölkerung vieler Länder nur leere Wörter. Am 4. Dezember 2013 äußerte Amnesty International Deutschland, dass in Russland immer noch „drastische Einschränkungen der freien Meinungsäußerung sowie der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit“ vorherrschen. Im syrischen Bürgerkrieg sind seit dem Aufstand im März 2011 mehr als 100.000 Menschen ums Leben gekommen. Baschar al Assad will alle Rebellen bekämpfen, die eine Demokratisierung Syriens herbeiführen und sein Regime stürzen wollen.

Blicken wir einmal auf Eritrea, wo nur Christen und Muslime ihren Glauben praktizieren dürfen. Der Staat bestraft alle Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften mit Inhaftierungen, Folter und Misshandlungen. Jährlich versuchen viele Eritreer dem Leid in ihrem Land zu entkommen und wagen eine Flucht nach Europa.

Auch in Asian sind Menschenrechtsverletzungen ein aktuelles Problem, das bekannteste Beispiel ist Nordkorea. Hier sind Festnahmen mit Misshandlungen immer noch Alltag vieler Menschen. Viele Frauen Nordkoreas bleiben Opfer von Vergewaltigungen und sexuellem Missbraucht. Zwangsarbeit, Folter und gerichtliche Hinrichtungen werden immer noch als legal geduldet. Dem Menschenrechtsaktivist Shin Dong-huyk gelang zwar die Flucht aus dem Lager, wo er viele Jahre als Gefangener gefoltert wurde, doch die meisten seiner Mitinhaftierten befinden sich immer noch in der Gefangenschaft. Niemals werden sie ein Leben in Freiheit und Würde führen.

Wir können nur tatenlos zusehen

Die Tragödie um die Menschenrechtsverletzungen ist ein zu großes Feld, um sie von heute auf morgen zu bekämpfen. Wir in Europa wissen noch viel zu wenig über die Menschenrechte in anderen Teilen der Erde. Vielleicht können wir alle gemeinsam einen Beitrag zur Verbesserung der Menschenrechtssituation leisten. Aber die Mehrheit der deutschen Bevölkerung kann sicherlich eine Menge an privaten Sorgen aufzählen, mit denen sie sich täglich beschäftigt. Dazu gehören Leistungsdruck und Zukunftsangst. Sie hat Angst um ihren Job, ihren Wohlstand und ihr Geld. Viele kaufen ihre Kleider bei Modeketten ein, ohne deren Produktion und Herkunft auf den Grund zu gehen. So stürmt in Karlsruhe seit ende November 2013 eine Schar von jungen Menschen die irische Modekette Primark und spart dabei viel Geld für Mode. Die Frage nach Zwangsarbeit und Ausbeutung gerät in den Hintergrund.

Dann machen wir uns etwa Gedanken über Kosmetika, die ohne Tierversuche hergestellt werden. Wir ergreifen  Maßnahmen gegen Tierquälerei wollen aber nicht das Leid der Tiere über das der ausgebeuteten und gefolterten Menschen stellen. Doch jene leben auf der andere Seite der Welt. Zu groß ist die Distanz, als dass wir die dortige Menschenrechtssituation konkret ins Auge fassen können. Dann sorgen wir uns um unsere Marktwirtschaft oder um eine ökologische Energiegewinnung, all die Dinge, die unser Leben in Deutschland unmittelbar beeinflussen. Die Gedanken an die Menschenrechtsverletzungen gehen im Alltagstrubel unter. Nein, wir schauen nicht aus Ignoranz und Egoismus weg. Vielleicht übersehen wir auch ein bisschen aus Bequemlichkeit die Dringlichkeit des Problems. Denn was können wir als Einzelpersonen schon beeinflussen?

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