e-Installation – Telepräsenz-basierte Dokumentation gefährdeter Medienkunstwerke

Ausgezeichneter Ort 2015
 

Technologiebasierte Kunst gibt es zwar erst seit Anfang der 1960er Jahre, dennoch ist die Lebensdauer vieler dieser Kunstwerke im Vergleich zu traditionelleren Gattungen, wie Malerei oder Skulptur sehr kurz. Hinzu kommt, dass Medienkunstwerke nicht nur ständige Wartung, sondern oftmals auch viel Platz in Anspruch nehmen. Sind die Kunstwerke abgebaut und nicht mehr zugänglich, greifen traditionelle Dokumentationsmaßnahmen mit Hilfe von Videos und Fotografien. Doch jene können nicht die synästhetische Ebene wiedergeben, die Medienkunstwerke wie Video-, Klang- und kinetische Skulpturen voraussetzen, so dass Kuratoren und Kunstwissenschaftler über die Funktionsweise und die ästhetische Auswirkung von nicht mehr ausgestellten Werken nur spekulieren können. Abhilfe schafft hier eine neuartige Art der Dokumentation von Medienkunst.

Internetauftritt Forschungsprojekt e-Installation

Über e-Installation im LooKIT (Ausgabe 2/2014)

 

Abbildung: Telepräsentes Erleben einer digitalisierten Medienkunst-Installation. Kunstwerk-Motiv: Tischtänzer (1988-1993), Stephan von Huene. Quelle: Lehrstuhl für Intelligente Sensor-Aktor-Systeme (ISAS)

Das ZAK und der Lehrstuhl für Intelligente Sensor-Aktor-Systeme (ISAS) am KIT leiten in Zusammenarbeit mit dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe das Projekt e-Installation zur Dokumentation von gefährdeten Medienkunst-Installationen mithilfe von Telepräsenz-Technologien.

Telepräsenz ermöglicht einer Person, sich mit spezieller Hard- und Software virtuell an einen entfernten Ort zu versetzen: Ihre Bewegungen werden von einem mechanischen oder virtuellen Vertreter ausgeführt und sie bekommt verschiedene realitätsnahe Sinneseindrücke übermittelt.

Avancierte 3D-Modellierung und immersive, propriozeptive Darstellungsmethoden können die synästhetische Ebene von nicht mehr, oder selten aufgeführten Medienkunstwerken und damit auch deren Sinnstruktur aufbewahren.

Die Erfassung und digitale Reinszenierung derartiger Kunstwerke setzt zahlreiche Kenntnisse, sowohl im technischen als auch im kuratorischen und kunstwissenschaftlichen Bereich voraus, so dass das Projekt e-Installation aus einem interdisziplinären Team aus Kunstwissenschaftlern, Kuratoren, Informatikern und Ingenieuren besteht.

Das wichtigste Ziel von e-Installation ist, angewandte Telepräsenz-Technologien zur synästhetischen Dokumentation gefährdeter Medienkunstwerke zu entwickeln und zu etablieren, so dass in wenigen Jahren eine erste digitale „Arche Noah“ der Medienkunst der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

KooperationspartnerInnen

ZAK
Prof. Dr. Caroline Y. Robertson von Trotha
Jesús Muñoz Morcillo, PhD

Lehrstuhl für Intelligente Sensor-Aktor-Systeme (ISAS) am KIT
Prof. Dr. Uwe Hanebeck
Florian Faion, PhD
Antonio Zea

Beteiligte Museen, Netzwerke, KünstlerInnen,
Kunstkonservator/innen und Photogrammetrie-Expert/innen

ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe
Prof. Dr. hc. mult. Peter Weibel
Dr. Bernhard Serexhe

Ludwig Múzeum Budapest
Béla Kónya, Head of Conservation and Collection Care

Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía
Arianne Vanrell Vellosillo, Departamento de Conservación – Restauración

Nachlass Stephan von Huene
Dr. Petra Kipphoff von Huene
Prof. Werner Lorke, iO Interdisziplinäre Objekte (Frankfurt)

Netzwerke
International Network for the Conservation of Contemporary Art (INCCA) 
Red iberoamericana de conservación y restauración de arte contemporáneo (RICAC)

Künstler und Kunstkonservatoren
Marc Lee, 10.000 moving cities – same but different (2012/2015)
Mercedes Morita, Research fellow (11/01/2015-01/28/2016), Laboratorio de Ablación, Limpieza y Restauración con Láser, Centro de Investigaciones Ópticas (CONICET-La Plata-CIC).

Photogrammetrie-Expert/innen
Dr.-Ing. Thomas Vögtle
Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung (IPF)  am KIT

 

PROJEKTE

Diplomarbeit von Jennifer McClelland: Entwicklung einer Mensch-Maschinen-Schnittstelle für die e-Installation zu „10.000 moving cities – same but different“ von Marc Lee

Im Rahmen des Projekts e-Installation hat die Informatikstudentin Jennifer McClelland eine Schnittstelle zur Mensch-Maschine Interaktion (MMI) in virtuellen Medienkunst-Installationen entwickelt.
Betreut wurde die Diplomarbeit von Florian Faion (ISAS), Antonio Zea (ISAS) und Jesús Muñoz Morcillo (ZAK). Frau McClelland testete verschiedene Eingabegeräte und Darstellungsmöglichkeiten in der virtuellen Umgebung des Kunstwerkes von Marc Lee „10.000 moving cities – same but different“. Als MMI für die Interaktion mit der virtuellen Realität wird eine kabellose Handheld-Maus mit Trackball eingesetzt, deren Funktionalität sich auf ähnliche Kunstwerke extrapolieren lässt.

ISAS-ZAK-ZKM-Praktikum: Immersive digitale Reinszenierung einer Medienkunst-Installation.

10.000 moving cities – same but different (2013) von Marc Lee

Im Sommersemester 2014 wurde das Kunstwerk des Schweizer Künstlers Marc Lee 10.000 moving cities – same but different (2013) virtualisiert.

Die Medienkunst-Installation wurde als entfernte Umgebung aufgefasst, digitalisiert und telepräsent als e-Installation reinszeniert. Da die Arbeit des Schweizer Künstlers Marc Lee eine Netz-basierte Installation ist, wurden zwei Lösungsansätze verfolgt: Eine telepräsente Version, die in Echtzeit arbeitet und eine zusätzliche Version, die als offline-Dokumentation funktioniert.

Abbildung: Marc Lee, 10.000 moving cities – same but different (2013), National Museum of Modern Art, Seoul, Korea.

 

Versailles Fountain (1993) von Nam June Paik
Unter der Leitung des ZAK und des ISAS haben Informatik-Studierende des KIT ein Medienkunstwerk virtuell reinszeniert: In einem Praktikum digitalisierten sie die Videoskulptur Versailles Fountain (1993) von Nam June Paik, die sich derzeit am ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe befindet, und überführten sie in eine Telepräsenzumgebung. Dieses vom ZKM unterstützte Praktikum bildete den Start des ZAK-ISAS-Projekts „e-Installation“ zur Dokumentation von technologiebasierten Medienkunstinstallationen. 

 

Presse

10. Oktober 2015 bis 30. September 2016
e-Installation hat eine Förderung im Rahmen der Ausschreibung "Interdisziplinärer Fördertopf" der Stadt Karlsruhe bekommen. Die Stadt Karlsruhe unterstützt seit 2014 innovative Projekte im Spannungsfeld zwischen Kultur, Kunst und Wissenschaft. Während der Förderperiode wird das Team die audiokinetische Skulptur von Stephan von Huene "Kaleidophonic Dog" (1964-67) virtualisieren.

07.-08. Dezember 2015
Die Initiatoren von e-Installation Florian Faion und Jesús Muñoz Morcillo hielten zwei Vorträge auf der Konferenz des Ludwig Múzeum Budapest MAPS – Media Art Preservation Symposium , organisiert von Kunstkonservator Béla Kónya.

23. September 2015
Das e-Installation-Team bekommt den Preis "Ausgezeichneter Ort 2015" im Rahmen des abschließenden Stadtgesprächs Stadt der Träume – Stadt der Visionen. Die Zukunft der digitalen Stadt .

05 September 2015 bis 31.Januar 2016

e-Installation nimmt an der Ausstellung GLOBALE: Infosphäre des ZKM teil: Florian Faion, Antonio Zea und Florian Pohl haben ein neues "Holodeck" aufgebaut, um die virtualisierte Version der Arbeit 10,000 Moving Cities – Same but Different von Marc Lee als immersive Installation erlebbar zu machen. Diese e-Installation ist bis 31.01.16 im ZKM zu sehen.

27.-28. Juni 2015
EFFEKTE-Wissenschaftsfestival 2015: e-Installation stellt zwei Versionen der Versailles Fountain von Nam June Paik im Schlossgarten Karlsruhe aus.

11. Mai 2015
e-Installation wird von der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ zu einem der 100 „Ausgezeichneten Orte 2015“ gewählt. Die Preisverleihung wird am 23.9.2015 in Karlsruhe stattfinden.
17. Januar 2015
Jon Ippolito hat im Still Water Blog einen Artikel zu e-Installation auf Englisch geschrieben.
29. Oktober 2014
In der Sendung motzgurke.tv auf KIKA wurde in einem Beitrag zu "Erfindungen der Zukunft" die Telepräsenz vom ISAS vorgestellt. Online ist der Beitrag unter motzgurke.tv verfügbar und ab Minute 09:12 zu sehen.

Der 33. ZAK Newsletter hat einen Artikel zu e-Installation veröffentlicht.

09. Oktober 2014
e-Installation war mit der digitalisierten Version der Versailles Fountain am Beyond 3D Symposium vertreten.

14. Juli 2014
Im Magazin Research To Business ist ein Artikel über e-Installation erschienen.

Das KIT Magazin lookKIT hat einen Artikel über e-Installation publiziert. Außerdem ist ein YouTube Beitrag des KIT erschienen: "e-Installation: Medienkunst per Datenbrille erleben".

03. Juni 2014
In den Badische Neuste Nachrichten (BNN) wird ein Symbolfoto der e-Installation als Bild des Monats gewählt.
07. Mai 2014
Im Onlinemagazin clicKIT ist ein Artikel über das e-Installation Projekt erschienen.
05. Mai 2014
Im 32. ZAK Newsletter ist ein Artikel über e-Installation erschienen.

 

PUBLIKATIONEN ZUM THEMA

  • Muñoz Morcillo, Jesús; Schaaf, Franziska; Schneider, Ralf; Robertson-von Trotha, Caroline Y. (2016): Authenticity Through VR-Based Documentation of Culture Heritage. A Theoretical Approach Based on the Case Studies Jupiter Column and Kaleidophonic Dog. Virtual Archaeology Review (angenommen)
  • Muñoz Morcillo, Jesús; Faion, Florian; Zea, Antonio; Hanebeck, Uwe D.; Robertson-von Trotha, Caroline Y. (2016): e-Installation: Synesthetic Documentation of Media Art via Telepresence Technologies, in: Boştenaru Dan, Maria; Crăciun, Cerasella (eds.): Space and Time Visualisation. Springer Nature, pp. 173-191.
    Preprint (2014): https://arxiv-web3.library.cornell.edu/abs/1408.1362 
  • Faion, Florian; Friedberger, Simon; Zea, Antonio und Hanebeck, Uwe D. (2012): Intelligent Sensor-Scheduling for Multi-Kinect-Tracking. In: Proceedings of the 2012 IEEE/RSJ International Conference on Intelligent Robots and Systems (IROS 2012). Vilamoura, Algarve, Portugal, Oktober 2012
  • Muñoz Morcillo, Jesús (2011): Überlieferung von Medienkunst und digitale Nachlassverwaltung. In: Roberson-von Trotha, Caroline Y. und Hauser, Robert (Hrsg.): Neues Erbe. Aspekte, Perspektiven und Konsequenzen der digitalen Überlieferung. KIT Scientific Publishing, S. 123-140
  • Serexhe, Bernhard (Hrsg.) (2013): Digital Art Conservation. Konservierung digitaler Kunst: Theorie und Praxis. AMBRA | V und ZKM | Zentrum für Kunst und Medien

 

Bannerfoto: Tanja Meißner KIT