The never Ending Story: Deutschland und das Internet

Vorratsdatenspeicherung, NSA-Affäre, Datenklau: Internetthemen spielen aktuell in Politik und Medien eine große Rolle. Doch sind die Themen für den deutschen Bürger überhaupt von Belang? Robert Zetzsche fasst zusammen.

Endlose Weiten: Die Datenautobahn und ihre Auswirkung (Foto: Markus Vogelbacher/pixelio.de)
Endlose Weiten: Die Datenautobahn und ihre Auswirkung (Foto: Markus Vogelbacher/pixelio.de)

Bereits die erste Woche des Jahres 2014 ist gespickt mit Meldungen über das Internet: Sei es der Untersuchungsausschuss zum Thema NSA, das Stoppen des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung, die Veröffentlichung von 4,6 Millionen Namen und Mobilfunknummern von Snapchat-Nutzern und der flächendeckende Zugriff auf Breitband-Internet (zumindest laut Bundesnetzagentur). Das Internet wird von jedem benutzt, ein Leben ohne scheinbar nicht mehr denkbar und Probleme rund um das Netz nehmen zu.

Internet im Kopf

Umso erstaunlicher ist es, dass diese hoch brisante Thematik mit all ihren teils menschenrechtsverletzenden Ausprägungen nach wie vor in sehr wenigen Köpfen eine Rolle spielt. Kaum Demonstrationen zu heiklen Internet-Themen. Im Gegensatz dazu polarisiert etwa Stuttgart 21 ganz Baden-Württemberg. Viele Monatelang protestierten die Stuttgarter und erwirkten sogar eine Volksabstimmung über das Projekt. Zusammen mit der Atomkatastrophe Fukushima brachte dieses Thema einen gesamten Landtag zum kippen. Eine Auswirkung der NSA-Affäre auf die Bundestagswahl 2013? Fehlanzeige. Täglich wird in die Privatsphäre von Menschen im Internet eingegriffen, sei es durch den Generalverdacht bei der Vorratsdatenspeicherung, bei der Abhörung durch Geheimdienste oder dem fahrlässigen Umgang mit Nutzerdaten durch Internetfirmen. Ist dies dem Bürger völlig egal?

Fehlende Sensibilisierung

Die Bundesregierung äußert sich geschickt oder gar nicht zu Internet-Themen. Es fehlt etwa ein klares Statement zur Drosselvorhaben der Telekom und der damit verbundenen Gefährdung der Netzneutralität. Die NSA-Affäre wird vorerst lieber ganz ausgesetzt, bis die Bundeskanzlerin selbst betroffen ist. Doch es kreisen täglich Millionen von privaten Informationen durch das Netz, teilweise ohne Wissen der jeweils Betroffenen. Gleichzeitig geht die Technisierung und Globalisierung in den nächsten Jahren nicht zurück sondern steigt in unübersichtliche Dimensionen. Daher ist es die Pflicht und das Recht eines jeden Betroffenen diese Missstände anzuprangern und sich für die Menschenrechte einzusetzen. Ein spezifischer Datenschutz auf deutschen Boden existiert auf Grund der Globalisierung nämlich nicht. Wer das Internet täglich nutzt, sollte auch verstehen was dahintersteckt und wie es funktioniert. Oder fährt man gern ein Auto ohne zu wissen wie Autofahren funktioniert? Dabei geht es nicht um den Status des rechtsfreien Raumes, sondern um die wichtigsten Rechte eines jeden Menschen, den Menschenrechten. (GG Art. 1 Abs. 2)


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Gesucht: Menschenrecht für alle

Der Bürgerkrieg in Syrien und die Todeslager Nordkoreas sind nur zwei Beispiele von Menschenrechtsverletzungen. Die Situation  vieler Menschen weltweit ist aussichtlos. Können wir diese Tatsache in unseren Alltag einbauen? Hoai Thuong Truong kommentiert.

Freiheit und Würde des Menschen haben sich noch nicht überall durchgesetzt. (Bild: Peter Reinäcker/pixelio.de)
Freiheit und Würde des Menschen haben sich noch nicht überall durchgesetzt. (Bild: Peter Reinäcker/pixelio.de)

Wir erfahren durch die Medien, dass viele Menschen immer noch unter Missbrauch und Gewalt leiden. Weil es uns in Europa gut geht, blenden wir jedoch oft Fragen nach Gerechtigkeit aus. Am 10. Dezember 2013 war wieder „Tag der Menschenrechte“. Nichtregierungsorganisationen, nationale Institutionen und zahlreiche Akademiker haben den Tag genutzt, um gemeinsam der Weltkonferenz über Menschenrechte von 1993 zu gedenken. Das Ergebnis dieser Konferenz war die Wiener Erklärung und das Aktionsprogramms für Menschenrechte. Nach dieser Erklärung sollen die Menschenrechte mehr Anerkennung bekommen. Sie fordert die einzelnen Staaten dazu auf, Menschenrechte im eigenen Land zu schützen und zu fördern. Amnesty International hat aber mehrere Beispiele von aktuellen Menschenrechtsverletzungen aufgezählt und gezeigt, dass es in diesem Feld noch vieler Handlungen bedarf.

Kein Ende für Misshandlungen

Durch das Grundgesetz genießen wir als deutsche Bürger das Recht auf Leben und Freiheit. Dieses Recht ist in anderen Ländern noch lange keine Selbstverständlichkeit. Meinungsfreiheit und Demokratie bleiben für die Bevölkerung vieler Länder nur leere Wörter. Am 4. Dezember 2013 äußerte Amnesty International Deutschland, dass in Russland immer noch „drastische Einschränkungen der freien Meinungsäußerung sowie der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit“ vorherrschen. Im syrischen Bürgerkrieg sind seit dem Aufstand im März 2011 mehr als 100.000 Menschen ums Leben gekommen. Baschar al Assad will alle Rebellen bekämpfen, die eine Demokratisierung Syriens herbeiführen und sein Regime stürzen wollen.

Blicken wir einmal auf Eritrea, wo nur Christen und Muslime ihren Glauben praktizieren dürfen. Der Staat bestraft alle Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften mit Inhaftierungen, Folter und Misshandlungen. Jährlich versuchen viele Eritreer dem Leid in ihrem Land zu entkommen und wagen eine Flucht nach Europa.

Auch in Asian sind Menschenrechtsverletzungen ein aktuelles Problem, das bekannteste Beispiel ist Nordkorea. Hier sind Festnahmen mit Misshandlungen immer noch Alltag vieler Menschen. Viele Frauen Nordkoreas bleiben Opfer von Vergewaltigungen und sexuellem Missbraucht. Zwangsarbeit, Folter und gerichtliche Hinrichtungen werden immer noch als legal geduldet. Dem Menschenrechtsaktivist Shin Dong-huyk gelang zwar die Flucht aus dem Lager, wo er viele Jahre als Gefangener gefoltert wurde, doch die meisten seiner Mitinhaftierten befinden sich immer noch in der Gefangenschaft. Niemals werden sie ein Leben in Freiheit und Würde führen.

Wir können nur tatenlos zusehen

Die Tragödie um die Menschenrechtsverletzungen ist ein zu großes Feld, um sie von heute auf morgen zu bekämpfen. Wir in Europa wissen noch viel zu wenig über die Menschenrechte in anderen Teilen der Erde. Vielleicht können wir alle gemeinsam einen Beitrag zur Verbesserung der Menschenrechtssituation leisten. Aber die Mehrheit der deutschen Bevölkerung kann sicherlich eine Menge an privaten Sorgen aufzählen, mit denen sie sich täglich beschäftigt. Dazu gehören Leistungsdruck und Zukunftsangst. Sie hat Angst um ihren Job, ihren Wohlstand und ihr Geld. Viele kaufen ihre Kleider bei Modeketten ein, ohne deren Produktion und Herkunft auf den Grund zu gehen. So stürmt in Karlsruhe seit ende November 2013 eine Schar von jungen Menschen die irische Modekette Primark und spart dabei viel Geld für Mode. Die Frage nach Zwangsarbeit und Ausbeutung gerät in den Hintergrund.

Dann machen wir uns etwa Gedanken über Kosmetika, die ohne Tierversuche hergestellt werden. Wir ergreifen  Maßnahmen gegen Tierquälerei wollen aber nicht das Leid der Tiere über das der ausgebeuteten und gefolterten Menschen stellen. Doch jene leben auf der andere Seite der Welt. Zu groß ist die Distanz, als dass wir die dortige Menschenrechtssituation konkret ins Auge fassen können. Dann sorgen wir uns um unsere Marktwirtschaft oder um eine ökologische Energiegewinnung, all die Dinge, die unser Leben in Deutschland unmittelbar beeinflussen. Die Gedanken an die Menschenrechtsverletzungen gehen im Alltagstrubel unter. Nein, wir schauen nicht aus Ignoranz und Egoismus weg. Vielleicht übersehen wir auch ein bisschen aus Bequemlichkeit die Dringlichkeit des Problems. Denn was können wir als Einzelpersonen schon beeinflussen?

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