Zerstört das Internet unsere Kultur?

Andrew Keens Werk „Die Stunde der Stümper“ gleicht einem Klagelied über die Informationsgesellschaft. Das Web sei amateurhaft, trivial und verlogen. Katja Tschurikowa hat das Buch für uns gelesen und weiß ob und warum die Zivilisation bald baden geht.

Der Unternehmer, Autor und Internetkritiker Andrew Keen beklagt in seinem 247-seitigen Werk “ Die Stunde der Stümper“, die Schattenseiten des Internets. Die wesentliche Problematik sieht er bei den „Amateuren „, welche unsinnigen und oftmals fehlerhaften Inhalt ins Netz stellen. Sie bedrohen Kenns Meinung nach, nicht nur die Arbeit professioneller Journalisten, sondern auch die der Musiker, Schauspieler und Schriftsteller. Denn sie produzieren triviale Inhalte, die qualitativ hochwertiger Arbeit vorgezogen werden. Das führt letztendlich zum Untergang unserer Kultur.

Ein weiteres Problem stellen für Keen Raubkopierer dar, die den finanziellen Ruin der Musikindustrie und Hollywoods verursachen. Kritisch steht er vor allem auch dem Videoportal YouTube und dessen negativen Einfluss auf die Politik gegenüber, da der Inhalt die Realität oft verfälscht. Darüber hinaus thematisiert er den Betrug und die Abzocke im Internet, den Verlust der Privatsphäre, sowie die Förderung der Spielsucht und der Pornografie. Seine Konsequenz: Mehr Kontrolle durch Eltern und Regulierung durch den Staat.

Geschmacklosigkeit nur im Netz?

Das Werk ist in einem einfachen Stil gehalten und verwirrt nicht mit Fachgeplänkel. Der technisch eher unkundige Leser, kann Keens Argumentation leicht folgen. Obwohl ich nicht gänzlich mit allen Argumenten einverstanden bin, sind einige seiner Thesen, wirklich ernst zu nehmen.

Zurück zur Steinzeit? Aber online!
Zurück zur Steinzeit? Aber online!

Das Internet ist meiner Meinung nicht die Ursache für den Untergang unserer Kultur. In anderen Medien wie dem Fernsehen, den Zeitungen oder sogar der Literatur ist dieser „schlechte Geschmack“ ebenso präsent. Sendungen wie „Bauer sucht Frau“, Zeitungen wie die „Bild“ oder Bücher wie „Feuchtgebiete“, würden Intellektuelle wohl kaum als geschmackvoll bezeichnen. Es gab schon immer einen Unterschied zwischen der Massenkultur und der gehobenen Kultur.

Die Blogger-Gefahr

Keens Angst vor Bloggern, kann ich nicht nachvollziehen. Inhalte von Blogs können eine doch als eine Alternative zur Meinungsbildung betrachten werden, denen man kritisch gegenübersteht. Auch eine Gefahr für die Politik in Keens Sinne, ist das Internet wohl kaum. Die Tatsache, dass sogar kleinste Ausrutscher von Politikern gleich bei YouTube zu sehen sind, beeinflusst vielleicht die Wähler und kann in manchen Fällen auch den Ruin eines Politikers bedeuten. Jedoch gab es solche Initiativen schon vor der Web 2.0-Zeit. Zu nennen wäre hier beispielsweise die Bill Clinton-Affäre. Schließlich liegt es bei den Wählern erhebliche Vergehen von kleinen Fauxpas zu unterscheiden und zu berücksichtigen, inwiefern der Fehltritt wirklich eine Bedeutung für die Politik hat.

Einen wichtigen Aspekt spricht Keen jedoch an: die fehlende Regulierung des Web 2.0. Raubkopien, der Verlust an Privatsphäre und die Pornografie sind ernstzunehmende Probleme, die das Internet mit sich bringt. Zwar unternimmt die Politik bereits erste Schritte dagegen, diese sind jedoch noch lange nicht ausreichend.

Konsumkritik ernst nehmen

Eine große Gefahr ist das Netz vor allem für Jugendlichen aber auch Erwachsenen, die überdurchschnittlich viel Zeit im Internet verbringen. Die virtuelle Welt nimmt dabei immer mehr Überhand und die reale Welt wird vernachlässigt.

Die neuen Medien sind ein rasant wachsendes Phänomen, das in unserer Gesellschaft kaum mehr wegzudenken ist. Eben deshalb ist es wichtig nicht blind zu konsumieren, sondern sich auch der Probleme und Gefahren bewusst zu sein. Dies kommt im heutigen Zeitalter von Google und Facebook eindeutig zu kurz. Andrew Keen bringt den Leser dazu über diese Probleme nachzudenken und regt zur Diskussion an. Ein wirklich lesenswertes und interessantes Werk.

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