Die zahlreichen Facetten der Transparenz

Der vierte und letzte Tag der Karlsruher Gespräche startete mit der großen Podiumsdiskussion zum Thema „Wie viel Transparenz und Vertrauen braucht die Welt(markt)gesellschaft?“. Unter der Leitung von Markus Brock kam eine spannende Diskussion zum Thema Transparenz im Internet, in der Konsumgesellschaft und der Politik zustande. Robert Zetzsche fasst zusammen.

Der volle Durchblick. Wo existiert er und wo muss er noch geschaffen werden? (Foto: Günther Gumhold/pixelio.de)
Der volle Durchblick. Wo existiert er und wo muss er noch geschaffen werden? (Foto: Günther Gumhold/pixelio.de)

Im Sparda-Event-Center fand im Rahmen der Karlsruher Gespräche die große Podiumsdiskussion zum Hauptthema statt. Unter der Moderation von Markus Brock trafen am Sonntagmorgen die Vorsitzende von Transparency International Deutschland, Prof. Dr. Edda Müller, Prof. Dr. André Habisch, Professor für Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, der Geschäftsführer der Triodos Bank (Niederlassung Deutschland) Georg Schürmann und der Akademische Koordinator des Jean Monnet Centre of Excellence der Universität Padua, Prof. Dr. Léonce Bekemans zusammen. Es folgte eine weitreichende knapp zwei stündige Diskussion über die Transparenz in der Politik, der Konsumgesellschaft und dem Internet.

Transparenz und das Internet

Nach der Vorstellung der Protagonisten startete die Veranstaltung mit der Definition von Transparenz. Den Startpunkt der Diskussion stellte das aktuelle Thema des Datenhandels im Zusammenhang mit dem Internet dar. Dabei wurden sehr viele Nachteile und sehr wenige Vorteile des neuen Mediums genannt. Lediglich Herr Habisch sprach von einer Möglichkeit des Konsumenten selbst nach Firmen zu recherchieren und seine Entscheidungen abhängig von diesen Ergebnissen zu machen. Dabei betonte er, dass diese Möglichkeiten vor 20 Jahren nicht existierten. Dennoch wurde das „Misstrauen“ gegenüber Firmen und vor allem Internetfirmen gepredigt.

In der späteren Diskussion folgte zudem das Aufgreifen des „Shitstorm“ als Internetphänomen, eine Form der wütenden Proteste in sozialen Medien gegen Entscheidungen oder Aktionen einer Person oder Firma. Im Verlauf der Diskussion wurde diese Form des Protests als nicht zielfördernd eingeordnet, da sie keinen aktiven Beitrag leistet sondern lediglich bemängelt. Vergessen wurde dabei komplett, dass sich aus dieser Form des Protests viele organisierte Demonstrationen entwickelten.

Transparenz und die Konsumgesellschaft

Bei der Transparenz in der Konsumgesellschaft konzentrierten sich die Beiträge auf das „Wie wird produziert?“ und „Wo wird produziert?“. Herr Bekemans sah die Hauptlösung in der Bildung von Mensch und Gesellschaft, die er als Allheilmittel oft betonte. Prof. Dr. Edda Müller widersprach dem Gedanken, dass Bildung allein reiche, da es beispielsweise keine direkte Wahlfreiheit bei Konsumgütern gebe. Der Produktionsstandort von Produkten wird unter anderem von Lohndumping bestimmt. Diesen Zustand rügte sie hart und forderte ein Eingreifen der Politik. Sie betonte zudem die Wichtigkeit der Bewusstseinsänderungen und des Zusammenspiels zwischen Politik, Bürger und Wirtschaft. Anschließend verlor sich die Diskussion etwas in der Bewertung des deutschen Mittelstands und derer möglichen konzeptionellen Übertragbarkeit auf andere europäische Länder.

Auch die Finanzebene kam bei der Diskussion nicht zu kurz, obwohl sie einen etwas kleineren Platz eingeräumt bekam und lediglich von Herrn Schürmann vorangetrieben wurde. Er erklärte die Praktiken der Triodos-Bank und warum diese Transparenz gewährleiste. Insgesamt stellt die Finanzwirtschaft jedoch nach wie vor einer der intransparentesten Wirtschaftszweige dar.

Transparenz und die Politik

Die letzte Komponente der Podiumsdiskussion befasste sich mit der Transparenz in der Politik. Dabei waren alle Redner einer ähnlichen Meinung und Überzeugung, wodurch der Bürger das Recht und die Pflicht hat mitzureden und seine Politiker auch in dieser Art und Weise zu formen. Auch dort spielte die These der Bildung eine zentrale Rolle. Zudem wurde der Widerspruch zwischen regionalen und globalen Handeln aufgezeigt, der beispielsweise durch die Globalisierung und der regionalen Organisationsstruktur (Mittelstand, Volksbanken, Bundesländer) in Deutschland zustande kommt. Aus den Redebeiträgen wurde zum Schluss resümiert, dass Menschen gemäß dem Paradigma „global denken, regional handeln“ agieren sollten.

Fazit

Die spannende knapp zwei stündige Podiumsdiskussion sprach verschiedene Themen in Verbindung mit Transparenz an. Es folgten interessante Redebeiträge zu verschiedenen Themen. Sie folgte einem nicht-linearen Ansatz und entwickelte sich in eine sehr politische Richtung. Obwohl die Gesprächspartner ungewohnt weit auseinander saßen, trafen relativ ähnliche Meinungen aufeinander. Durch die Auswahl der Gesprächspartner und derer Aussagen, wurde eine konservative Sicht der Dinge vermittelt und präsentiert. Die Veranstaltung endete mit dem Aufruf zur Europawahl und der Betonung der Wichtigkeit dieser Wahl und dem Resümee, dass alle Einflussfaktoren ineinander fließen müssen um Transparenz zu erreichen und Einfluss nehmen zu können.

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The never Ending Story: Deutschland und das Internet

Vorratsdatenspeicherung, NSA-Affäre, Datenklau: Internetthemen spielen aktuell in Politik und Medien eine große Rolle. Doch sind die Themen für den deutschen Bürger überhaupt von Belang? Robert Zetzsche fasst zusammen.

Endlose Weiten: Die Datenautobahn und ihre Auswirkung (Foto: Markus Vogelbacher/pixelio.de)
Endlose Weiten: Die Datenautobahn und ihre Auswirkung (Foto: Markus Vogelbacher/pixelio.de)

Bereits die erste Woche des Jahres 2014 ist gespickt mit Meldungen über das Internet: Sei es der Untersuchungsausschuss zum Thema NSA, das Stoppen des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung, die Veröffentlichung von 4,6 Millionen Namen und Mobilfunknummern von Snapchat-Nutzern und der flächendeckende Zugriff auf Breitband-Internet (zumindest laut Bundesnetzagentur). Das Internet wird von jedem benutzt, ein Leben ohne scheinbar nicht mehr denkbar und Probleme rund um das Netz nehmen zu.

Internet im Kopf

Umso erstaunlicher ist es, dass diese hoch brisante Thematik mit all ihren teils menschenrechtsverletzenden Ausprägungen nach wie vor in sehr wenigen Köpfen eine Rolle spielt. Kaum Demonstrationen zu heiklen Internet-Themen. Im Gegensatz dazu polarisiert etwa Stuttgart 21 ganz Baden-Württemberg. Viele Monatelang protestierten die Stuttgarter und erwirkten sogar eine Volksabstimmung über das Projekt. Zusammen mit der Atomkatastrophe Fukushima brachte dieses Thema einen gesamten Landtag zum kippen. Eine Auswirkung der NSA-Affäre auf die Bundestagswahl 2013? Fehlanzeige. Täglich wird in die Privatsphäre von Menschen im Internet eingegriffen, sei es durch den Generalverdacht bei der Vorratsdatenspeicherung, bei der Abhörung durch Geheimdienste oder dem fahrlässigen Umgang mit Nutzerdaten durch Internetfirmen. Ist dies dem Bürger völlig egal?

Fehlende Sensibilisierung

Die Bundesregierung äußert sich geschickt oder gar nicht zu Internet-Themen. Es fehlt etwa ein klares Statement zur Drosselvorhaben der Telekom und der damit verbundenen Gefährdung der Netzneutralität. Die NSA-Affäre wird vorerst lieber ganz ausgesetzt, bis die Bundeskanzlerin selbst betroffen ist. Doch es kreisen täglich Millionen von privaten Informationen durch das Netz, teilweise ohne Wissen der jeweils Betroffenen. Gleichzeitig geht die Technisierung und Globalisierung in den nächsten Jahren nicht zurück sondern steigt in unübersichtliche Dimensionen. Daher ist es die Pflicht und das Recht eines jeden Betroffenen diese Missstände anzuprangern und sich für die Menschenrechte einzusetzen. Ein spezifischer Datenschutz auf deutschen Boden existiert auf Grund der Globalisierung nämlich nicht. Wer das Internet täglich nutzt, sollte auch verstehen was dahintersteckt und wie es funktioniert. Oder fährt man gern ein Auto ohne zu wissen wie Autofahren funktioniert? Dabei geht es nicht um den Status des rechtsfreien Raumes, sondern um die wichtigsten Rechte eines jeden Menschen, den Menschenrechten. (GG Art. 1 Abs. 2)


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