Schauplatz Syrien: Die Welt versagt

Tiefe Bewegung, schockierte Gesichter und das eine oder andere feuchte Auge gab es beim Symposium der 17. Karlsruher Gespräche als Salam Kawakibi, wissenschaftlicher Direktor der Arab Reform Initiative in Paris seinen Vortrag hielt. Sandra Seltenreich berichtet.

Salam Kawakibi über das Blutvergießen in Syrien (Bild: ZAK)
Salam Kawakibi über das Blutvergießen in Syrien (Bild: ZAK)

Es ist kein Krieg, fängt Kawakibi an, sondern eine Revolution, denn es wird gegen Bürger gekämpft. Friedliche Demonstrationen fordern hunderte Tote. Gewalt ist die einzige Reaktion der Regierung. „Nicht mal Kafka könnte das ausreichen beschreiben“, sagt Kawakibi über die Situation in Syrien.

Die Zahlen sind erschreckend: 90 000 Tote, drei Millionen Vertriebene, eine Million Flüchtlinge, fünfzig Prozent der Infrastruktur des Landes sind zerstört. Das Regime kämpft mit Flugzeugen und Raketen und zerstört Dörfer und Städte. Im Westen heißt es, dies sei ein „russisches Problem“. Kawakibi bezeichnet diese Abwälzung von Verantwortung als widerlich.

Während seines Vortrags präsentiert der Wissenschaftler Werke junger Künstler in Syrien. Diese Bilder machen deutlich, was Menschen dort verarbeiten und verkraften müssen, aber auch, dass sie noch voller Hoffnung sind. Auf den Darstellungen sind öfters Engel zu sehen, die mittels großer Seifenblasen oder mit bloßen Händen Bomben abfangen. Es gibt Flüchtlingslager über dem Friedenstauben schweben oder ein in Rottönen gehaltenes Röntgenbild mit Einschussloch.

Keine Hilfe für Syrien, aber weiterhin Hoffnung

Kawakibi sagt, dass die syrische Regierung zwar Angaben zu Hilfeleistungen macht, dass diese aber nicht zutreffen. Flüchtlinge nimmt nur die Türkei auf. Die Hilfe des Westens läuft nur über die Regierung und diese lässt sie dem Volk nicht zukommen. Kawakibi meint, trotz allem hoffen die Menschen in Syrien immer noch auf Hilfe – wobei sie keinesfalls ein militärisches Eingreifen meinen, sondern es geht ihnen vielmehr um humanitäre Hilfe.

Die Syrer sind kriegsmüde, man könne deshalb von ihnen keine relative Haltung erwarten. Doch sie arbeiten bereits für „den Tag danach“, den Tag, wenn das Töten endet. Aber wie können Themen wie Verfassung, Demokratie, Frauenrechte oder Minderheiten ohne internationale Unterstützung auf die Agenda gesetzt werden?

Schließlich beklagt Kawakibi, dass die Medien nicht darüber berichten, was in Syrien geschieht. Kawakibi unterscheidet dabei klar zwischen Journalist und Medium und sagt, dass die westlichen Journalisten zwar da sind, aber ihre Auftraggeber veröffentlichen die Berichte nicht. Obwohl 70 Prozent des Landes nicht unter dem Regime steht und die Reporter sich frei bewegen können, wollen Medien nur Menschen mit Wunden zeigen und nicht Kinder, Künstler oder die Leute, die sich engagieren. Was fehlt sind politische Nachrichten, denn wenn die Menschen nichts von den Vorgängen in Syrien wissen, stehen die Regierungen auch nicht unter Druck zu helfen.

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