Global, lokal, glokal

Globalisierung, Lokalisierung oder Glokalisierung? Vielschichtige Begriffe, von denen kaum jemand behaupten kann ihre Bedeutung genau zu kennen. Klarheit verschafft nun Prof. Roland Robertson mit seinem Konzept der Glokalität. Irina Brombacher stellt die Idee des britischen Soziologen vor.

Prof. Roland Robertson stellt bei den Karlsruher Gesprächen das Konzept der Glokalisierung vor. (Bild: Robertson)
Prof. Roland Robertson stellt bei den Karlsruher Gesprächen das Konzept der Glokalisierung vor. (Bild: Robertson)

Globalität – für Prof. Roland Robertson und seine Schüler bedeutet das die weltweite Vernetzung des Menschen und internationale Zusammenschlüsse von kulturellen und politischen Institutionen. Sie bezeichnet aber auch die sich langsam verändernde Sichtweise der Menschen, den Wandel vom regional begrenzten Blick zur weltumfassenden Wahrnehmung, zur  „Welt als Ganzes“.

Neue Phase seit dem 11. September

Besonders der Vernetzungsprozess schreitet seit Mitte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer weiter voran. Mit den Terroranschlägen auf das World Trade Center hat die Menschheit, Robertson zur Folge, einen Schritt in Richtung Globalisierung getan, den er als „Milennialismus“ bezeichnet. Gemeint ist damit, dass wir seit diesem Zeitpunkt einschneidende Vorgänge als weltweite Veränderungen wahrnehmen, die uns alle betreffen.
Das Zentrale ist für den Soziologen dabei der weltweite Austausch zwischen den unterschiedlichen Kulturen. Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Formen des gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenlebens sind die großen Chancen der Globalisierung. Denn sie hat neben politischen und wirtschaftlichen Aspekten, auch soziale und kulturelle Dimensionen.

Identitätsverlust durch Globalisierung?

Die Angst aufgrund des Kultur-Transfers seine Wurzeln zu verlieren hält Robertson für unbegründet. Durch Globalität entsteht kein kultureller Einheitsbrei, im Gegenteil. Lokale Tradition und Identität werde durch sie sogar noch verstärkt. Lokalität beziehungsweise Regionalität und Globalisierung schließen sich somit aus der Sicht des Forschers nicht aus. Vielmehr ist durch die Öffnung regionaler Schranken, vor allem in soziokultureller Hinsicht, sowohl die Möglichkeit für Veränderungen als auch zur Rückbesinnung auf die eigene Identität gegeben. Diese Ansicht formuliert der Wissenschaftler in seiner Idee von Glokalität. Bereits der Begriff selbst, ein Schachtelwort, spiegelt die Vereinbarkeit der beiden Tendenzen deutlich wieder.

Globalisierung + Lokalisierung = Glokalisierung

Glokalität ist längst kein theoretisches Konzept mehr. In vielen Ländern und Regionen wird im kulturellen Bereich oder in der Bildung ganz bewusst darauf gesetzt. Ebenso gilt dies für politische Selbstpräsentationen und wirtschaftliche Bereiche wie beispielsweise der Vermarktung von Produkten. Auch im Alltag des Einzelnen spielt die Glokalisierung eine Rolle, wenngleich oft unbewusst. So sind wir zum Beispiel durch das Internet überall und auf schnellstem Wege über aktuelle Ereignisse in der Welt informiert oder nutzen die breite Produktpalette des globalisierten Marktes. Dies hindert die meisten aber nicht daran, leidenschaftlicher Fan eines örtlichen Sportclubs oder Mitglied in einem regionalen Vereinen zu sein.

Stellt man sich also die Frage: In was für einer Welt leben wir eigentlich? Dann wird die Antwort bei den meisten Menschen lauten: In einer Glokalisierten. In einer Welt die sich durch die Globalisierung immer schneller dreht. Doch geht die Identität nicht verloren, denn gleichzeitig treibt die Geschwindigkeit die menschlichen Wurzeln immer tiefer in die Erde.

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