Wird´s im Geldbeutel bald bunter?

„Wie kommen wir wieder raus aus der Euro-Krise?“ An dieser Frage zerbrechen sich zurzeit Finanzexperten in allen Euro-Ländern den Kopf. Der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz sagt dazu: „Wir haben bei den Rettungsaktionen nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, den Königsweg gibt es nicht.“ Finanzexpertin Magrit Kennedy sieht die Lösung für die Krise außerhalb der konventionellen Möglichkeiten: Weitere regionale oder zweckgebundene Währungen, die parallel zum Euro existieren, sollen eben diesen  und die kriselnde Wirtschaft retten.

Wird´s im Geldbeutel bald bunter? (Titelbild) ©Tobias Siegwart
Wird´s im Geldbeutel bald bunter? ©Tobias Siegwart

„Brauchen wir eine neue Wirtschaftsordnung?“ – Das war das Thema der Eröffnungsveranstaltung der Karlsruher Gespräche 2012. Laut Professorin Magrit Kennedy sind die aktuellen Bestrebungen zur Bekämpfung der Eurokrise nur kosmetischer Natur. Sie bekämpfen die Krise nicht, sondern verschieben sie nur, da unser Geldsystem einem immer gleichen Ablauf folge:

Der Teufelskreis der Wirtschaftskrisen

Es beginnt mit einer Zeit des Erfolges, indem die Geldwirtschaft floriert und Zinsen künstlich in die Höhe steigen. Irgendwann platzt die Blase und die ganze Gesellschaft wird in eine große Krise gezogen. Doch als hätte man daraus nichts gelernt, fängt nach der Bewältigung der Krise alles wieder von vorne an und so wiederholt sich das ganze alle 70 bis 80 Jahre.

Von diesem Kreislauf profitieren nur ein paar Wenige, die meisten zahlen drauf. „Ein ehemaliges Vorstandsmitglied der argentinischen Zentralbank sagte mal zu mir ‚Was nützt uns Gleichheit vor dem Gesetz, wenn wir keine Gleichheit vor dem Geld haben?“, erzählt Kennedy während ihres Vortrages. Doch wie kommt man aus diesem Kreislauf wieder raus? Geld generell abschaffen und somit zurück zum Tauschhandel? Doch sicherlich nicht.

Zusätzliche Währungen als Lösung

„Nein, wir schaffen nichts ab, wir nehmen noch weitere Währungen, die nebeneinander existieren können, hinzu“, so die Antwort der Freiwirtschafts-Befürworterin Kennedy auf diese Frage. „Für alles haben wir verschiedene Dinge: Für jeden Anlass haben wir unterschiedliche Kleider, nutzen je nach Situation unterschiedliche Verkehrsmittel, nur beim Geld ist das nicht so, da haben wir nur eine einzige Währung für alles. Wäre es daher nicht logisch auch hier verschiedene Währungen für verschiedene Zwecke einzuführen?“ So genannte Komplementärwährungen könnten auf verschiedenen Ebenen, von lokal, über national, bis global, und für verschiedene Zwecke verwendet werden.

Regio-Geld nicht bloße Spinnerei – Es funktioniert!

Dass dies nicht nur Träumereien sind, sondern in einigen Gegenden schon jahrelang erfolgreich funktioniert zeigen Beispiele, wie etwa der „Chiemgauer“. Dabei handelt es sich um eine Regionalwährung, mit der man in vielen Geschäften und Firmen rund um den Chiemsee bezahlen kann. Der Wechselkurs von Euro zu „Chiemgauer“ ist eins zu eins, wobei der positive Nebeneffekt dabei der ist, dass drei Prozent jedes „Chiemgauers“ an ein Förderprojekt in der Region gehen. Egal ob Pizzeria, Handwerker oder Supermarkt – alle machen mit. Da man die Regionalwährung nur in der Umgebung ausgeben kann, und nicht etwa in großen Städten oder bei internationalen Internetdiensten, bleibt das Geld in der Region und die Wirtschaft vor Ort wird gestärkt, denn auch die Unternehmer zahlen untereinander mit dem Regionalgeld.

Den Ursprung nahm die Währung in einer Walldorfschule in Prien. Dort führten einige Schüler den „Chiemgauer“ ein, um eine extra Währung für ihren Pausenkiosk zu haben. Was mit einem Pausenkiosk begann sind heute 591 Unternehmen, bei denen man mit dem „Chiemgauer“ bezahlen kann. Heute werden über eine Million Euro im Jahr in „Chiemgauer“ umgewechselt.

Im Gegensatz zum regulären Geld gibt es für das Regio-Geld keine Finanzprodukte, heißt man kann es nicht anlegen und Probleme durch negative Zinseszinseffekte, wie wir sie zur Zeit wieder vorfinden, können nicht entstehen. „Man kann das Geld nur ausgeben, also genau das machen, wofür es ja eigentlich gemacht ist“, erklärt die Finanzexpertin Kennedy. Damit das Ausgeben beschleunigt wird, haben sich die Macher des „Chiemgauers“ etwas einfallen lassen: Gibt man das Geld nicht innerhalb eines Quartals aus, verliert der „Chiemgauer“ 2 Prozent an Wert, wodurch das Geld viermal so schnell umläuft, wie gewöhnliches Geld. „Das ist etwa wie bei einem Gutschein, der abläuft – den muss man dann auch schnell wieder einlösen“, erläutert Kennedy die Idee.

So kann´s funktionieren – Der „Chiemgauer“ in KULTURZEIT

Regionalgeld als Lösung für Griechenland?

Die chiemgauer Geldaktivisten sehen in diesem Prinzip auch eine Chance für Griechenland und haben ein Konzept entwickelt, dass neben dem Euro bei den Hellenen eine weitere Währung vorsieht, die nur im eigenen Land verwendet werden kann, um so speziell die griechische Wirtschaft zu stärken.

Der „Chiemgauer“ ist zwar das bekannteste Beispiel für so genanntes „Nebengeld“, aber bei weitem nicht das Einzige: In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es ca. 70 Initiativen dieser Art, die sich unter www.regiogeld.de zusammengeschlossen haben.

CARLO – Das Regionalgeld für Karlsruhe und die Region

So sehen sie aus, die „CARLO“-Scheine ©www.carlo-regional.de
So sehen sie aus, die „CARLO“-Scheine ©www.carlo-regional.de

Auch hier in der Region Karlsruhe sind solche Geldrevolutionäre am Werk: „Was für den Chiemsee der Chiemgauer, ist für Karlsruhe der CARLO“, so Walter Trautwein vom Verein „CARLO Regional“. Der Diplomingenieur in Ruhestand organisiert mit seinen Vereinskollegen das Karlsruher Regionalgeld. Das Prinzip ähnelt dem des „Chiemgauers“, so kann man den „CARLO“ ebenfalls eins zu eins gegen Euro umtauschen und auch hier gehen drei Prozent an Förderprojekte in der Region. Den genauen Verwendungszweck der Spende kann man beim Geldumtausch selbst bestimmten und so aus einer großen Liste wählen, ob man beispielsweise lieber das Frauenhaus oder den Kindergarten Kunterbunt unterstützt. Hat man selbst einen Verein oder ein Projekt, dass es zu unterstützen gilt, kann man sich für die Förderliste bewerben.

An momentan fünf Stellen, etwa im AS Bücherland in der Karlsruher Oststadt, kann man Euros gegen „CARLO“s umtauschen. Jedoch ist die Resonanz des nun schon seit 2005 laufenden Projekts „CARLO“ eher mäßig.

Der CARLO kommt nicht richtig in die Gänge

„In Karlsruhe läuft das bis jetzt nicht so richtig rund. Karlsruhe ist dafür zu städtisch, zu bürokratisch“, sagt „CARLO“-Mitorganisator Trautwein. Der Chiemgau ist eine eher ländliche Gegend mit vielen kleinen Betrieben und Einzelhändlern, durch das ein richtiges „Wir“-Gefühl entsteht und jeder (fast zwangsweise) mitmacht. Im städtischen Karlsruhe gibt es das nicht. Zwar ist die Liste der an „CARLO“ teilnehmenden Betriebe groß, die bekannten großen Geschäfte und Ladenketten der Innenstadt sucht man darin allerdings vergebens. „Die sagen: Der Aufwand ist uns zu groß, da machen wir nicht mit“, erläutert Walter Trautwein. „Im Chiemgau entsteht ein richtiger Regionalgeld-Kreislauf, man benötigt in der Region fast keinen Euro mehr. Doch so weit sind wir in Karlsruhe noch nicht.“ Dabei macht er das Problem an einem Beispiel deutlich: „Wir haben einen Bioladen in Durlach, der bei uns mitmacht und in seinem Geschäft CARLO annimmt, bei seinem Biobauern in Hohenwettersbach kann er ebenfalls mit CARLO bezahlen, nur der hat dann das Problem, dass er damit keine neuen Maschinen kaufen oder wichtige Reparaturen bezahlen kann. Also muss er notgedrungen die CARLOs wieder in Euro umtauschen. Das ist natürlich umständlich und vor allem Schade.“

Aber die Carlo-Aktivisten gehen auch kritisch mit sich selbst um: „Die Organisatoren des Chiemgauers machen dies nun fast hauptberuflich, sind richtige Experten auf diesem Gebiet, bei uns läuft das eher so als Hobby.“ In jemandem, der das ganze professionell macht und die Ziele richtig vermarktet sieht Trautwein eine Chance. Dass das Interesse für diese Idee in der Bevölkerung groß ist, merkt Trautmann immer wieder in verschiedenen Gesprächen: „Die meisten finden das eine gute Sache, tun dann aber nichts dafür.“

Von Seiten der Alternativ-Währungsexpertin Magrit Kennedy ist in dieser Situation Durchhaltevermögen gefragt: „Diese Dinge brauchen teilweise viel Zeit, bis sie sich durchsetzen. Das Wichtigste, was ich den CARLO-Organisatoren raten kann ist: Ja nicht aufgeben!“ Die Chancen für einen Erfolg stehen so schlecht nicht, schließlich steigt die Zahl der Anbieter, die den „CARLO“ als Zahlungsmittel annehmen stetig an und wer weiß, vielleicht hat die Mehrheit der Karlsruher wirklich in ein paar Jahren nicht nur den Euro, sondern auch den CARLO im Geldbeutel.

Mehr Infos zum CARLO finden Sie hier: http://www.carlo-regional.de

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3 Kommentare zu “Wird´s im Geldbeutel bald bunter?

  1. Ich glaube auch nicht, dass das Regiogeld tatsächlich die Lösung für das Problem ist. Da muss schon einiges mehr passieren.

  2. Eine andere Form als das Regionalgeld sind aber auch die Tauschvereine, die immer mehr zunehmen. Man arbeitet, bekommt dafür Punkte gutgeschrieben und kann dafür andere Dienstleistungen / Produkte kaufen.

    Ebenso ist zu beachten, dass weltweit die Bedeutung von Silber- bzw. Goldmünzen als Zahlungsmittel zunimmt.

  3. Das Regiogeld ist aber nicht wirklich eine Lösung, sondern schafft mehr Probleme und kann man eigentlich nur als Spaß sehen. Wenn jede Region, eine eigene Währung hätte, wer wüsste dann noch, was wieviel Wert ist und woran orientieren wir uns?

    Sinnvoll ist das allerdings beispielsweise für Urlaubsregionen. Wenn dann wie beim Chiemgauer 3% in den Erhalt von Sehenswürdigkeiten, Umwelt oder historisch wichtige Bauwerke gehen würden.
    Das würde ich interessant finden.

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