„Muss nur noch kurz die Welt regeln“

The Yes Men Fix The World (Quelle: theyesmenfixtheworld.com)
The Yes Men Fix The World (Quelle: theyesmenfixtheworld.com)

Ein Unternehmenssprecher, der verkündet Milliarden an die Opfer einer Chemiekatastrophe zu spenden, Zeitungsüberschriften, wie der „Irakkrieg ist beendet“ oder „George W. Bush wegen Hochverrats angeklagt“ – ein schöner Traum? Nein, hier waren die Yes Men am Werk.

Die Yes Men sind eine Spaßguerilla, die mit lustig-provokanten Aktionen auf Missstände in der Welt und die negativen Folgen der Globalisierung aufmerksam machen. Dafür lassen sich die beiden Köpfe der Gruppierung „Andy Bichlbaum“ und „Mike Bonano“(ihre bürgerlichen Namen lauten Jacques Servin und Igor Vamos) immer neue kuriose Ideen einfallen. Im echten Leben arbeitet Mike Bonano als Assistenzprofessor am Rensselaer Polytechnic Institute in New York, Andy Bichlbaum ist als Sciene Fiction-Autor tätig. Um Zukunftsfiktionen der ganz anderen Art geht es in ihrer Dokumentation „Die Yes Men regeln die Welt“, die am 12. Februar bei der ARTE Filmnacht im Rahmen der 16. Karlsruher Gespräche zu sehen ist.

Der bisher zweite Film über die Yes Men aus dem Jahr 2009 zeigt die bis dahin aufsehenerregendsten Aktionen der Aktivistengruppe und gibt dabei Einblicke, wie die Yes Men arbeiten und sich genauestens auf ihre Fake-Auftritte vorbereiten.

Es muss nicht immer demonstrieren sein: Wie sich die Yes Men Gehör verschaffen

Anstatt wie andere Globalisierungsgegner zu demonstrieren, kopieren die beiden Webseiten weltweit aktiver Konzerne wie die der WTO oder des Coca Cola Konzerns und warten, bis Veranstalter von Konferenzen oder Fernsehsender auf die falschen Seiten gelangen und an die dortige Kontaktadresse eine Anfrage zu Vorträgen oder Interviews versenden. Die Anfrage landet dann nicht bei der eigentlichen Firma oder Organisation, sondern bei den Yes Men, die diese Einladungen dankend annehmen. Sozusagen über die Hintertür gelangen sie dadurch zu Konferenzen und Medieninterviews und geben sich dort als Repräsentanten internationaler Konzerne oder Institutionen aus und sorgen mit ihren übertriebenen Forderungen und verrückten Aktionen bei Kongressteilnehmer und Medien für Aufsehen.

Doch „verrückt“ kann auch bedeuten, dass man eigentlich nur das richtige tut. So verkündet Andy Bichlbaum im Namen von Dow Chemical vor laufender Kamera bei der BBC, dass die Opfer der Katastrophe von Bhopal nach 20 Jahren endlich Entschädigungszahlungen erhalten. Anstatt den Konzern für so eine lobenswerte Aktion zu belohnen wird dies vom Markt sofort bestraft: Aus Angst vor Gewinnverlusten fallen die Aktienkurse von Dow Chemical sofort in den Keller.

Die verrückten Aktionen der Yes Men und die noch erstaunlicheren Reaktionen der Wirtschaftsvertreter

Noch erschreckender zu sehen sind die Reaktionen der Kongressteilnehmer auf die skurrilen Präsentationen der Yes Men. Wiederum im Namen von Dow Chemical führen die Yes Men bei einer Konferenz für internationale Finanzgeschäfte den „Acceptable Risk Calculator“ vor. Dabei handelt es sich um ein Computerprogramm, das vom Chemiekonzern entwickelt wurde, um Unternehmensstandorte zu finden, an denen die Bevölkerung bereit ist für eine minimale Bezahlung ein hohes Unfallrisiko einzugehen. Risiko sei wichtig und richtig angewandt auch etwas Gutes, so die Meinung der vermeintlichen Firmen-Vertreter. Mit den Worten „nur eine goldene Leiche ist eine gute Leiche“ präsentierten die beiden Referenten daraufhin das neue Firmen-Maskottchen „Gilda, das goldene Skelett“. Doch anstatt Empörung ernteten die Yes Men von den versammelten Bankvertretern viel Applaus. Einige fragten interessiert nach, tauschten Visitenkarten aus und ließen sich sogar mit dem neuen Maskottchen fotografieren. Scheinbar wird in der freien Marktwirtschaft wohl jede noch so verrückt bis menschenverachtende Idee akzeptiert, solange man damit Profit machen kann.

Gegen Ende des Films wird gezeigt, wie die Yes Men und ihre Unterstützer nach der Wahl Obamas eine fiktive New-York-Times Ausgabe verteilen. Durch Schlagzeilen wie „George W. Bush wegen Hochverrats angeklagt“ oder „Condoleezza Rice entschuldigt sich öffentlich für ihre Lügen über den Irakkrieg“ möchten die Aktivisten den Amerikanern zeigen, wie vieler besser die Welt sein könnte.

Mit ihrem Versuch unseren Planeten wieder in Ordnung zu bringen, passen die Yes Men bestens in die ARTE Filmnacht im Rahmen der 16. Karlsruher Gespräche, die sich dieses Jahr mit der neuen (Un-)Ordnung unserer heutigen Welt auseinandersetzen.

Die ARTE Filmnacht am 12. Februar 2012 im ZKM

Einen Abend lang zeigen ausgewählte Dokumentationen und Spielfilme, wie sich die Neue Unübersichtlichkeit der Welt auf unser Leben auswirkt. Als erstes stellt der Dokumentarfilm „Der Domino-Effekt“ die momentan heißdiskutierte Frage „Kippt der Euro?“ und wie wirkt sich dies auf die Europäische Union aus? Im Anschluss begleitet der Film „Für eine andere Welt“ Aktivisten von Bürgerunruhen aus allen Teilen der Welt. Sind die zahlreichen Anti-Terror-Gesetze, die nach dem 11. September 2001 verabschiedet wurden, gerechtfertigt oder stellen sie gar eine Bedrohung für die Demokratie dar? Dieser Frage geht die Dokumentation „Freiheit oder Sicherheit – Der Antiterrorkampf und seine Folgen“ nach. Der französische Kurzfilm „Das Jahr 2008“ zeigt, wie kompliziert und unübersichtlich die heutige vernetzte globalisierte Welt geworden ist. Nach einem kleinen Mitternachtsimbiss löst der Film „Die Yes Men regeln die Welt“ abschließend die Frage auf, ob es der Spaßguerilla am Ende gelingt die Welt wirklich wieder in Ordnung zu bringen.

Die Filmnacht findet am Samstag, den 11. Februar 2012, im ZKM Medientheater statt. Los geht es um 20Uhr, der Eintritt ist frei. Und hier gibt´s den Trailer.

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