Portal für gemeinnützige Arbeit und Kulturaustausch?

Bei den Karlsruher Gesprächen wurde viel über die Probleme und Schattenseiten des Internets diskutiert. David Rowan, Herausgeber des britischen Magazins „wired“, widmete sich lieber den positiven Aspekten, der Internetnutzung und bot damit eine willkommene Abwechslung, zu prekären Themen wie Politik, Terrorismus und Kriminalität.

Das Netz der Kreativen
Das Netz der Kreativen

Er stellte eine Reihe kreativer Webseiten vor, die darauf hinauszielen, den Austausch zwischen Menschen weltweit zu ermöglichen, die einander gegenseitig Hilfe anbieten, verschiedene Leistungen austauschen und beidseitig davon profitieren. Diese Organisationen arbeiten alle gemeinnützig und haben keine kommerziellen Interessen.

Hilfsbereitschaft trifft auch Kreativität

„Loans that change lives“, ist der Slogan von Kiva.com, einer Internetseite, die dem Nutzer eine Gelegenheit bietet, sozial schwache Menschen weltweit, durch ein Darlehen, bei ihrer Existenzgründung zu unterstützen. Diese gemeinnützige Organisation arbeitet mit „Field  Partnern“ zusammen, die Informationen (wie z.B. Bilder und Geschichten) über den Unternehmer sammeln und an Kiva weiterleiten. Freiwillige Mitarbeiter erstellen daraus ein Profil und veröffentlichen es auf kiva.com. Potentielle Darlehensgeber können diese Profile betrachten und entscheiden, ob sie Geld an eine der Personen verleihen wollen. Zu 98,65% werden die Darlehen zurückgezahlt.

Freecycle.org organisiert den Austausch kostenlos abzugebender Gegenstände. Dabei kann man alten nutzlosen Dingen wieder einen Sinn geben und anderen damit eine Freude machen. Ein weiterer Vorteil ist, die Vermeidung von unnötigem Müll, bei der Entrümpelung vollgestellter Keller und Garagen.

Open Street Map ist ein online-Atlas, das für jeden kostenlos und lizenzfrei genutzt, aber auch ergänzt und verändert werden kann. Deshalb wird das geographische Kartenmaterial täglich, detailreicher. Die Karten werden auf Grundlage von Aufzeichnungen, von GPS-Geräten und Luftbildern erstellt. Nutzer können, nach Belieben, auch Stadtnamen, Sehenswürdigkeiten oder Geschäfte eingetragen. Nach der Naturkatastrophe in Haiti war Open Street Map eine große Hilfe für die Rettungskräfte.

Couchsurfing.com bietet Reisenden die Möglichkeit, eine günstige Unterkunft zu finden. Einheimische auf der ganzen Welt können dabei Geld verdienen, indem sie ein Zimmer zu Verfügung stellen. Viel wichtiger ist jedoch, der kulturelle Austausch, den die Seite ermöglicht. Die Nutzer machen Bekanntschaften und schließen Freundschaften mit Menschen weltweit. Dieses Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen, könnte den Weg zu mehr Toleranz und zu einem friedlichen Miteinander ebnen.

Fazit

Diese Webseiten sind nur einige, der zahlreichen Beispiele für eine vorbildliche Nutzung des Internets. Sie zeigen, dass es nicht nur von Kriminellen, Betrügern und Stümpern genutzt wird, die Schaden in der Gesellschaft anrichten, sondern von Menschen mit tollen Ideen, die Hilfsbereitschaft und soziale Verantwortung an den Tag legen und mit ihrer Kreativität, zu einem besseren menschlichen Zusammenleben verhelfen wollen.

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Die Schattenseiten des Cyberspace

Twitter, Facebook, Schüler- und Studiverzeichnis: Im Internet entstehen innerhalb kürzester Zeit riesige Räume, in denen sich Menschen virtuell begegnen – in der Fachsprache „Social Networks“ genannt. Diese Netzwerke können natürlich der Kommunikation, dem fruchtbaren Austausch miteinander dienen. Doch existieren ebenfalls Schattenseiten des Internet. Denn wo sich Menschen zu einem guten Zweck versammeln, können sich genauso gut Menschen für schlechte, teilweise sogar kriminelle Zwecke verbinden.

Dabei kommen die Eigenschaften des Internet ihnen mehr als entgegen: Anonymität, keine wirksame Kontrolle. Die Hemmschwelle ist deutlich geringer und die Täter schwieriger zu identifizieren. Hinzu kommt die Offenheit potentieller Opfer wenn es um die Herausgabe privater Informationen geht. So sind die idealen Opfer für den suchenden Kriminellen leicht zu erkennen.

Kriminalität  - Alltag im Netz?
Kriminalität - Alltag im Netz?

Cyberpsychologin warnt vor realen Gefahren

Zum Thema „Tatort Internet“ äußerte sich die Sozialpsychologin Catarina Katzer am Samstagvormittag im Rahmen des Symposiums der Karlsruher Gespräche. Im Saal Baden der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe hielt sie dabei einen Vortrag über das Web als Raum für Kriminalität, neue Formen des Mobbing und Stalking und was genau die Herausforderung für Politik, Bildung und Erziehung dabei sei.

Viel zu oft unterschätzen Eltern und Lehrer die teilweise zerstörerische Macht im Internet. Neue Begriffe wie „Cyberbullying“ und „Cyberstalking“ machen die Runde. Kinder und Jugendliche werden im Netz zu Tätern, indem sie Gerüchte über Mitschüler verbreiten, unerlaubt Bilder und Videos veröffentlichen. Den Opfern bleibt kein Schutzraum um sich zurückzuziehen, denn die Täter kommen über den Computer direkt zu ihnen nach Hause. Zudem werden andere schnell zu Mittätern, ein neuer virtueller Voyeurismus entsteht.

Langeweile, Spaß und mangelndes Unrechtsbewusstsein

Oft stellt sich bei den mobbenden Jugendlichen erst im Nachhinein ein schlechtes Gewissen ein, wenn überhaupt – das Unrechtsbewusstsein scheint gleichzeitig mit dem „Aus“-Knopf vom Bildschirm zu verschwinden. Die Motive? Langeweile, Spaß, Wettbewerb.

Die neue Art vom virtuellen Umgang miteinander fordere einen neuen Umgang mit dem Tatort Internet – dies stelle neue Anforderungen an verschiedene Gruppen, sagte Katzer. So sei ein Präventionsmanagement im Bereich der Bildung und Erziehung unabdingbar. Neben der Aufklärung und Sensibilisierung der Schüler solle „Medienerziehung“ als Unterrichtsfach angeboten werden.

Lehramtstudium 2.0

Dr. Catarina Katzer (Foto: ZAK / Felix Grünschloss)
Dr. Catarina Katzer (Foto: ZAK / Felix Grünschloss)

Um die Lehrer dementsprechend zu schulen, müsse der Lehrstoff bereits an den Hochschulen aktualisiert werden, um der neuen Entwicklung gerecht zu werden. Die Bildungspolitik solle also neu ausgerichtet werden. Zudem könne Katzer sich vorstellen, vermehrt Fortbildungen für Eltern, Schüler und Lehrer zu veranstalten.

Doch nicht nur Politiker und Schulangehörige müssen sich mit dieser Problematik auseinander setzen. Auch die Justiz sieht sich mit neuen Anforderungen konfrontiert. Soll es Gesetze gegen Cyberbullying geben? Können verdeckte Ermittlungen als Mittel eingesetzt werden? Inwieweit sollen die Anbieter von Social Networks für die Inhalte ihrer User haftbar gemacht werden? Sicher ist zumindest die Notwendigkeit schärferer Kontrollen, um das Internet zu dem Ort zu machen, der es eigentlich sein sollte: Ein Ort für Kommunikation, Informationen, seit neuestem Revolutionen und keiner für Korruption oder Diskriminierung.

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Zwischen Himmel und Erde sind wir

Daniel Domscheit-Berg und Andrew Keen sind nicht die einzigen, die sich über den Sinn und Zweck des Internets uneinig sind. Auf der einen Seite stehen Kinderpornographie und Kreditkartenklau, auf der anderen Seite Solidarisierung und Aktivismus. Die Frage: „Internet. Gut oder böse?“ ist nicht so leicht zu beantworten.

Der Konflikt ist alt wie die Menschheit. Schon in frühzeitlichen Mythen und Religionen kämpfte das Gute gegen das Böse um die Vorherrschaft. Wenn man sich diese verstaubten Geschichten ansieht und das Internet daneben stellt, haben die beiden im ersten Moment nichts gemeinsam.

Stümper und Gutmenschen regieren das Web

Aber letztendlich läuft es immer wieder auf dasselbe hinaus. Auch das Internet stellt hier keine Ausnahme dar, wie man in vielen Diskussionen immer wieder feststellen kann. Domscheit-Berg ist überzeugt, dass das Internet Freiheiten schafft und dem Bürger die Chance gibt, zu lernen und mündig zu werden. Auf diese Lobeshymne folgt jedoch schnell Keens Konter: „Du bist zu optimistisch, was die menschliche Natur betrifft.“ Er hat Angst, dass das Netz von Stümpern regiert wird und die Menschen verdummt.

Fest steht jedenfalls: Man kann den Wert des Internets nicht absolut angeben. Ein Gast der Gespräche, dessen Namen ich leider vergessen habe, dessen Worte mir dagegen deutlich im Gedächtnis geblieben sind, sagte: „Es gibt im Internet nichts, was es in der realen Welt nicht auch gibt.“ Sei es nun Stalking, Mobbing, Kinderpornographie oder der wegen WikiLeaks ausgerufene Cyberwar. Das Internet ist ein Spiegel und gleichzeitig viel mehr. Jeder, der darin mitmischt, verändert die Spiegelung und formt das Bild der Gesellschaft, in der wir leben.

Sein eigenes Spiegelbild im Web 2.0 ist den meisten alltäglich, doch welchen Einfluss die eigenen Einstellungen auf die Gesellschaft haben, ist vielen nicht klar. (Quelle: flickr/ Ijoye27)
Sein eigenes Spiegelbild im Web 2.0 ist den meisten alltäglich, doch welchen Einfluss die eigenen Einstellungen auf die Gesellschaft haben, ist vielen nicht klar. (Quelle: flickr/ Ijoye27)

Das moderne Schlachtfeld ist das Web

Den Beweis dafür kann man in Amerika sehen. Dort, in dem Land, in dem sowohl Terrorgefahr als auch die Angst vor Angriffen am größten ist, werden nun in einem eigens dafür ausgeschriebenen Studiengang Cyberkrieger ausgebildet. Was wie aus einem schlechten Science-Fiction-Roman klingt, soll der Bedrohung durch private und wirtschaftliche Hacks entgegenwirken.

Diese Krieger werden mit einem zweischneidigen Schwert zu kämpfen haben. Schon ihr Name drückt aus, dass sie nicht nur zur Verteidigung ausgebildet werden. Die gute Absicht, die vielleicht hinter dem Studium steht, kann auch in die andere Richtung gelenkt werden. Des einen Gut ist des anderen Böse.

Diplomatie im Umgang mit Belanglosigkeiten

Auch soziale Netze sind ein Abbild der Realität. Schon immer hat man auf der Straße alte Bekannte getroffen und Telefonnummern ausgetauscht. Heute trifft man sie in einem Dschungel aus Bits und Bytes. Wer wurde noch nicht von einem geschwätzigen Kollegen in der Teeküche unterhalten. Jetzt muss man nicht mehr körperlich anwesend sein, um Belanglosigkeiten zu teilen.

Die zeitsparenden Möglichkeiten von Facebook und Co sorgen außerdem dafür, dass sich der Schwätzer den Mund nicht mehr fusselig reden muss. Mit einem einfachen Klick kann er seinem gesamten Freundeskreis vermitteln, dass soeben seine letzte Rolle Klopapier zuende gegangen ist. Und noch viel schöner: Jeder andere kann diesen Teil der weltweiten Kommunikation mit einem einzigen diplomatischen Klick für immer aussperren und die seelige digitale Ruhe genießen.

Wie codiert man Menschlichkeit?

Was bleibt, ist das Fazit. Es gibt kein Allheilmittel, kein „Wir schalten das Internet ab!“, das ist sowieso kaum mehr möglich. Die Zukunft des Internets hängt davon ab, ob wir mündige Bürger sein wollen, die sich auch unbequemen Wahrheiten stellen, oder Stümper, die ihr Unwissen dringend anderen mitteilen wollen, um es zu verbreiten.

Keen erklärte in seinem Vortrag eine Lösung aus der Bredouille: Man möge sich doch nicht an die Technologie anpassen sondern die Technologie an die Bedürfnisse der Menschen. Genau das ist es jedoch, was die Technologie schon immer tut. Sie passt sich an. An uns.

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Interview: Hinter den Kulissen der Gespräche

Dass hinter großen Gesprächen nicht minder große Organisatoren stecken zeigte mir Caroline Robertson-von Trotha. Ich sprach mit Ihr und Swenja Zaremba über ihre Ideen, Vorstellungen und das, was den Besucher bei den Gesprächen erwartet.

Was macht die Karlsruher Gespräche so besonders?

Prof. Dr. Caroline Robertson-von Trotha: Vorträge gepaart mit künstlerischen Elemente wie Theater, Film, Lesung und Konzert: Die Mischung von Redebeiträgen, in denen Wissenschaft uns Praxis zusammengebracht wird, mit künsterlisch-ästhetischen Elementen ist einzigartig.

Caroline Robertson-von Trotha bei den Karlsruher Gesprächen (Foto: ZAK/Felix Grünschloss)
Caroline Robertson-von Trotha bei den Karlsruher Gesprächen (Foto: ZAK/Felix Grünschloss)

Dies sind die 15. Karlsruher Gespräche. Was hat sich im Laufe der Zeit verändert?

Robertson-von Trotha: Seit dem Thema 2007 „Mein Europa – Dein Europa: Außenansichten von Nicht-Europäern“, das mir sehr am Herzen lag, richten wir die Gespräche grundsätzlich international aus und begrüßen Referenten aus aller Welt. Außerdem konnten wir die Sparda-Bank vor einigen Jahren als verlässlichen Hauptsponsor gewinnen, was uns sehr freut, denn ohne sie könnten wir die Karlsruher Gespräche nicht veranstalten. Aber wenn wir schon bei den Sponsoren sind: Wir sind sehr froh, dass uns auch die Stadt Karlsruhe unterstützt, sowie von Anfang an das Badische Staatstheater. Die Gespräche wären ohne eine Zusammenarbeit mit der IHK, dem ZKM oder auch dem Fernsehsender ARTE in dieser Form nicht machbar. Gemeinsam mit unseren Partnern können wir ganz unterschiedliche Interessen erreichen und immer mehr Aufmerksamkeit gewinnen.

Warum werden die Karlsruher Gespräche gemacht?

Robertson-von Trotha: Für mich sind sie ein wichtiger Teilbereich dessen, was ich als „Öffentliche Wissenschaft“ bezeichne. Wissenschaftliche Themen werden mit der Gesellschaft vernetzt. Es kommt zu einem offenen Dialog, der in alle Lebens und Wissenschaftsbereiche zurückgespiegelt wird. Es ist bei den Karlsruher Gesprächen auch möglich, kontroverse und sogar tabuisierte Themen anzugehen und zu diskutieren.

Haben Sie ein Beispiel für solch ein Tabu-Thema?

Robertson-von Trotha: Das war zum Beispiel das Thema der Karlsruher Gespräche 2006 „Trennung, Tod – Tabu? Kulturen des Abschieds“. Dabei ging es unter anderem um das ständig diskutierte Thema der Sterbehilfe.

Welche Ziele haben die Karlsruher Gespräche?

Robertson-von Trotha: Sie sollen interdisziplinäre und kulturvergleichende Perspektiven auf ein bestimmtes Thema darstellen, Theorie und Praxis zusammenführen sowie Informationen und Diskussionen bieten. Wir wollen Stereotypen aufbrechen und verschiedene Standpunkte beleuchten.

Zaremba: Gerade beim Internetthema in diesem Jahr kann man sehen, wie schleichend aber rasant viele Lebensbereiche mehr und mehr vom Internet bestimmt werden. Wir wollen bei den Karlsruher Gesprächen über Themen reflektieren, ohne eine bestimmte Haltung einzunehmen.

Robertson-von Trotha: Viele komplexe Themen lassen ohnehin keine eindeutige „objektive“ Haltung zu.

Swenja Zaremba: Ein gutes Beispiel ist der Film „8. Wonderland“, der bei der ARTE-Filmnacht gezeigt wird. Dabei stellt ein virtueller Staat im Mittelpunkt, dessen Bürger die weltweite Vernetzung nutzen, um für eine bessere Welt zu kämpfen – zunächst mit kreativen Aktionen, doch nach und nach kippt das Ganze aber ins terroristische. Schließlich eskaliert die Situation.

Wie sind sie mit den Zuschauerzahlen zufrieden?

Robertson-von Trotha: Wir sind sehr zufrieden. Die Zuschauerzahl ist kontinuierlich angestiegen. Schon vor der Werbephase haben wir viele Anmeldungen für die Einführungsveranstaltung erhalten. Viele der Gäste sieht man an allen Tagen der Karlsruher Gespräche, andere suchen sich bestimme Veranstaltungen heraus.

Zaremba: Sonntags haben wir dieses Jahr auch noch eine zusätzliche Podiumsdiskussion aus aktuellem Anlass zu Wikileaks und der Revolution in Tunesien. Das wird, so hoffen wir, auch noch viele interessieren.

Welche positiven Dinge ziehen sie im Allgemeinen aus den Karlsruher Gesprächen?

Zaremba: Wir bekommen eine tolle Resonanz. Auch die Referenten sind von den Gesprächen angetan. Es findet schließlich ein interdisziplinärer Austausch statt, wie es ihn selten gibt.

Robertson-von Trotha: Ich werde selbst oft in der Stadt angesprochen, was denn dieses Jahr wieder passiert bei den Gesprächen. Die Karlsruher Gespräche sind als Jahresereignis in der Stadt angekommen.

Wie finden Sie in jedem Jahr die Themen?

Robertson-von Trotha: Zunächst machen wir ein Brainstorming, dann muss es bei einem bestimmten Thema einfach Klick bei mir machen. Das ist oft eine ganz intuitive Sache, manchmal war es schon fast unheimlich. Das Thema im Jahre 2002 „Konflikt, Trauma, Neubeginn“ wurde festgelegt bevor der Terroranschlag am 11. September 2001 passiert ist.

Auf was freuen Sie sich denn dieses Jahr am meisten?

Robertson-von Trotha: Auf die Karlsruher Gespräche an sich.

Zaremba: …und ihre ganze Vielfalt! Außerdem freue ich mich, dass wir dieses Jahr bei Facebook sind und interaktiv mit Menschen kommunizieren, die vielleicht sonst nichts von den Karlsruher Gesprächen mitbekommen hätten. Auch auf die Band, die am Freitag spielt, Benoît and the Mandelbrots, freue ich mich schon.

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Twitter, Blogs und Foren – Die Demokratie geht online

Bei den Wahlen im Iran 2008 ist das Internet zum Demokratiehelfer ausgerufen worden. Bei den Aufständen in Tibet gegen China ebenfalls. Aber kann das World Wide Web dem Anspruch an Demokratisierung gerecht werden?

„Ich bin bereit zum Märtyrertum“, twittert der iranische Präsidentschaftskandidat Mussawi. Die Wahlen im Iran 2009, die mit einem Wahlsieg von 63 Prozent der Stimmen für Ahmadinedschad enden, haben für Unruhen und Proteste im Land gesorgt.

Sie lenkten die weltweite Aufmerksamkeit auf eine Wahlfarce: Mehr als 100 Prozent der Bevölkerung soll in einigen Wahlkreisen abgestimmt haben. Ahmadinedschads Gegner wurden schon vor der Auszählung der Stimmen interviewt, was sie ihren Anhängern raten, sollten sie die Wahl verlieren. Die staatlichen Sender strahlten diese Aufzeichnungen direkt nach Verkündigung des Wahlergebnisses aus, um die Bevölkerung zu beruhigen.

Über das Internet verbreiteten die Iraner ihre Proteste gegen Wahlmanipulation in der ganzen Welt, sodass selbst in Vancouver Menschen auf die Straßen gingen. (Quelle: flickr, Vancouver is United4Iran /Human Chain - Iran Election Protest/ von Susan Gittins)

Doch die Menschen wollen nicht beruhigt werden. Sie wollen Gerechtigkeit. Überall im Land gehen sie auf die Straßen, ohne auf das Verbot der Regierung zu achten. Es kommt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die iranische Regierung unterbindet die Berichterstattung durch ausländische Medien. Das einzige Tor zur Welt für die Bevölkerung ist ihre Internetverbindung.

Twitter als Nachrichtenquelle

Und selbst die schränkt ihnen der Staat ein. Der Iran schirmt sich mit einer Firewall gegen den Rest der Welt ab. Er sperrt Seiten und verringert die Geschwindigkeit der Verbindung künstlich. Am Ende wirft die Regierung dem Ausland sogar einen Cyberkrieg vor: Regierungsseiten und Ahmadinedschads Blog werden angegriffen und zeitweise lahmgelegt.

Trotz der Zensur und des strengen Verbots halten die Demonstranten Kontakt zueinander und zum Ausland. Auffällig viele der Tweets sind in Englisch abgefasst, nicht in Farsi. Und sie stammen alle aus den Reihen der Oppositionellen. Es sind die einzigen Nachrichtenquellen aus dem Land.

Ohne Journalisten vor Ort sind belegte Fakten unmöglich zu bekommen, doch im Iran droht eine Revolution. Übernehmen die ausländischen Medien die einzigen Meldungen aus dem Iran nicht, unterstützen sie damit die Zensur. Andererseits vermitteln sie so das einseitige Bild eines Aufstandes, dessen genaue Ausmaße und Fronten sie nur aus Blogs, Twitter und einigen, durch das engmaschige Netz der iranischen Filter gedrungenen Videos kennt. Gerüchte und Übertreibungen mischen sich mit harten Fakten. Der Einfluss der regierungskritischen Blogger ist gewaltig.

Geschwätziger David gegen schweigenden Goliath

China ist da bereits ein Schritt weiter. Die Regierung ersetzte Twitter durch einen chinesisch kontrollierten Konkurrenzdienst. Für den Moment schuf nicht mehr die Meldung die Aufmerksamkeit sondern die Aufmerksamkeit erzwang die Meldung. Während der Aufstände in Tibet 2008 gelangten Informationen trotzdem in alle Welt. Die Tibeter zwitscherten wie ein Schwarm Spatzen und beeinflussten durch ihre Berichterstattung die Medien, während China ausländischen Reporter aussperrte.

Die Zensur in China ist kein Geheimnis. Im Internet kann man überprüfen, ob die eigene Website von der Chinese Great Firewall herausgefiltert wird. (Quelle: flickr, Great Firewall of China von Ken Ishikawa)
Die Zensur in China ist kein Geheimnis. Im Internet kann man überprüfen, ob die eigene Website von der "Chinese Great Firewall" herausgefiltert wird. (Quelle: flickr, "Great Firewall of China" von Ken Ishikawa)

Es gab sogar Situationen, in denen das Internet die traditionellen Medien in China öffentlich zur Aufgabe gezwungen hat: 1998 kam es zu Übergriffen an chinesisch stämmigen Bürgern in Thailand. Die offizielle Berichterstattung schwieg über die Vorfälle, doch im Internet kursierten Informationen und Gerüchte.

Immer mehr Menschen gingen online, um sich über die Geschehnisse zu informieren. Foren stopften das Informationsloch, das fehlende offizielle Meldungen gerissen hatten. Als eine chinesische Website eine Solidaritätskampagne startete und das Hongkonger Phoenix-TV darüber berichtete, mussten die staatlichen Medien nachziehen, um ihr Gesicht nicht zu verlieren.

Der Grundpfeiler der chinesischen Politik „Was die Medien nicht berichten, gibt es nicht“ geriet dadurch deutlich ins Wanken. Für den Moment schuf nicht mehr die Meldung die Aufmerksamkeit sondern die Aufmerksamkeit erzwang die Meldung.

Regieren und das World Wide Web

Heute hat der chinesische Staat das Potential des Internet erkannt. Er kann seine Bevölkerung nicht aus dem Netz heraushalten, also steuert er ihren Zugriff auf dieses neue Massenmedium. Es gibt offizielle Blogs, in denen jeder seine Meinung veröffentlichen kann. Ob die Einträge echt und frei von Zensur sind, ist fraglich.

Menschen, die sich staatlicher Manipulation in privaten Blogs widersetzen wollen, müssen damit rechnen, diskriminiert und festgenommen zu werden. Regierungskritische Websites werden oft innerhalb weniger Tage vom Netz genommen.

Woher soll man also wissen, ob die staatlichen Medien die Wahrheit verbreiten? Vielleicht streuen sie von politischen oder wirtschaftlichen Interessen gelenkt Unwahrheiten und ignorieren unangenehme Themen?

Print, Radio und Fernsehen lassen sich leicht beeinflussen. Das Internet dagegen lässt sich nicht kontrollieren. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel bemerkte: „Durch das Internet ist das Regieren schwieriger geworden.“ Es ist nicht durch einen Regierungsapparat zu stoppen, ja nicht einmal einzuschränken, wenn man gelernt hat, Online-Barrikaden zu umschiffen. Viele Menschen schleusen sich inzwischen an der virtuellen Hafenmauer Chinas oder des Irans vorbei in das globale Meer der Informationen.

Ob das Internet bei all seiner Freiheit auch eine demokratiefördernde Wirkung entfalten kann, muss sich aber erst noch beweisen. Dass es Menschen solidarisiert und ihnen ein gewisses Maß an Macht verleiht, zeigt sich jedenfalls deutlich. Einer der Grundsteine der Demokratie ist damit gelegt.

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